Berichtigung

Wirft man dieser Tage einen Blick in die Berliner Stadtmagazine, staunt man nicht schlecht: Unüberschaubar die Zahl der Veranstaltungen, die die Love Parade in den Nächten vor und nach dem Umzug begleiten, wie eine Leistungsschau des Berliner Clublebens liest sich das Programm.

Alle sind dabei, wenn die Raver aus der Pfalz und Thüringen den Rubel rollen lassen. Doch die Liebesparaden allein machen noch keinen Sommer.

Das Nacht- und Clubleben gilt in Berlin mittlerweile als toller neuer Wirtschaftsfaktor, die Zusammenarbeit von Kulturindustrie, Politik und Underground macht rasante Fortschritte: Da sammelt der Hüter eines „intakten Clublebens“, Flyer-Herausgeber Marc Wohlrabe, im Auftrag der Berliner CDU Ideen für das neue Berlin, da diskutiert der Berliner Wirtschaftssenator mit Clubbetreibern über die Vor- und Nachteile von Lobbyarbeit, da finden sich von der Hinterhofgalerie bis zu Zeitungen wie Shift! und De:Bug plötzlich die unterschiedlichsten Projekte in einem Büchlein wieder, das Volker Hassemers Berlin-Werbeagentur Partner für Berlin unterstützt hat.

Um so schöner, daß es die Sorte ungezügelter und spontaner Clubkultur, wie wir sie von früher kennen, auch noch gibt: Wie das Ibiza, ein ehemaliges Küchenstudio, das Studenten der HdK unter dem Vorwand, hier Kunst zu machen, für ein halbes Jahr gemietet und in einen Club auf der nicht gerade clubkompatiblen Karl-Marx-Allee umgewandelt haben. Einfach so, einfach weil es schöner ist, mit Freunden und noch ein paar Leuten mehr zu trinken, Drogen zu nehmen und Platten aufzulegen.

Am Love-Parade-Wochenende hat das Ibiza nicht geöffnet: weil es nur Platz kennt für eine eigene Gesellschaft mit eigener Moral und so was wie die Love Parade nicht mitmachen möchte, wie manche sagen? Oder weil nach nur ein paar Wochen Laufzeit – der nun wahrlich nicht kleine Laden platzt mittlerweile aus allen Nähten – die Probleme mit Polizei, Ämtern und Anwohnern schon so groß geworden sind, daß die Location tatsächlich jetzt schon dichtgemacht wird?

Auch da hätte sicher niemand was gegen, um so nachhaltiger bleiben die dort verbrachten Nächte in der Erinnerung. Was aber machen dann die Ibiza-Betreiber?

Vielleicht stanzen und bohren sie schon morgen wieder Löcher in einer Fabrik, vielleicht lassen sie sich ein paar kluge Tips von Wohlrabe & Co geben. Vielleicht aber ziehen sie einfach weiter und machen es wie die Jungs der verblichenen Galerie berlintokyo: Die feiern Ende August im Rahmen des sogenannten Medienfestivals Berlin Beta eine Party im Big Eden am Kurfürstendamm. gb