Verstopfungsstrategie

■ taz-Serie „Jeden Tag ein guter Grund für den Atomausstieg“. Castor wird blockiert

Hannover (taz) – Auf die Unterstützung des Naturschutzbundes Deutschland kann jetzt die Aktion „X-tausendmal quer überall“ zählen, die die nächsten Abtransporte von Atommüll aus bundesdeutschen AKWs in die Wiederaufarbeitung blockieren will. Nabu-Präsident Jochen Flasbarth rief gestern in Hannover zu Protesten bei den nächsten Castor-Transporten auf.

Die Bilanz der Ausstiegsbemühungen der rot-grünen Bundesregierung nannte Flasbarth „katastrophal“. Was bisher auf dem Tisch liege, sei kein Ausstieg, sondern eine Bestandsgarantie für die Atomindustrie. Deswegen gehe er davon aus, dass auch die anderen großen Umweltverbände die Verstopfungsstrategie unterstützen. „Der Protest gegen die Transporte wird aus der Mitte der Gesellschaft kommen.“

Jochen Stay von der Aktion „X-tausendmal quer überall“ kündigte für den nächsten Castor-Transport eine Blockadeaktion an, die eine riesige Polizeiaktion notwendig mache. Da deren Kapazitäten beschränkt seien, könne man dafür sorgen, dass der nächste Transport auch vorerst der letzte sein werde.

Sollte die Strategie erfolgreich sein, müssten angesichts der vollen Lagerbecken in den Kraftwerken bis zur nächsten Bundestagswahl bis zu elf AKWs vom Netz genommen werden.

Als „Tiefschlag für die Umweltbewegung“ bezeichnte Flasbarth, dass ein Papier aus dem Bundesumweltministerium jetzt „ohne Not“ das Endlager Schacht Konrad befürworte. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, Dickel, die die Verstopfungsstrategie unterstützt, erinnerte an die 290.000 Einwendungen gegen das Endlagerprojekt. Die niedersächsische Landesregierung sei durch Weisungen der frühe- ren BundesumweltministerInnen Töpfer und Merkel daran gehindert worden, den Bedenken nachzugehen, sagte Dickel und forderte Bundesumweltminister Trittin auf, die alten Weisungen seiner Vorgängerin aufzuheben. Der niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner unterstützte ihn darin.

Der SPD-Politiker verlangte von der Bundesregierung außerdem die Erfüllung ihres eigenen Koalitionsvertrages, der nur ein Endlager für alle radioaktiven Abfälle vorsieht und damit implizit ein Endlager Schacht Konrad ausschließt.

Wenn sich die Bundesregierung insgesamt die Position des Bundesumweltministers zu Schacht Konrad zu Eigen mache, „wird das nicht konfliktfrei diskutiert“, drohte Jüttner. „Entweder der Bundesumweltminister setzt sich durch, oder er tritt ab“, so Jüttner wörtlich. Jürgen Voges