Das Portrait
: Intimfeind Russlands

■ Schamil Bassajew

Schamil Bassajew klopft gerne Sprüche. Im Unterschied zu seinen Feinden, den russischen Militärs und Politikern, indes meist nach vollzogener Tat. Das macht den tschetschenischen Warlord, der dem Kreml dieser Tage in Dagestan das Fürchten lehrt, nicht unbedingt sympathischer. Es verleiht seinen Prognosen aber eine gewisse Glaubwürdigkeit.

Schamil Bassajew will die Muslime von der Wolga bis zum Don befreien

Foto: Reuters

„Von der Wolga bis zum Don“ verspricht er die Muslime durch einen „großen Krieg“ zu befreien. Dass der gnadenlose Feldkommandeur bereit ist, dieser Aufgabe, wenn nötig, „den letzten Tschetschenen auf Erden zu opfern“, sind nicht nur leere Worte. Wieder einmal führt der geniale Stratege, dessen militärische Ausbildung sich auf ein kurzes Zwischenspiel bei einer Feuerwehreinheit beschränkte, den russischen Generalstab nach allen Regeln der Kriegskunst vor.

Wozu der 37jährige in der Lage ist, bewies er im Tschetschenienkrieg 1995. Durch die Geiselnahme eines Krankenhauses in Budjonnowsk zwang er die russische Seite damals, sich auf Friedensverhandlungen einzulassen. 1997 trat der Brigadegeneral zu den Präsidentschaftswahlen an, musste aber das Feld dem gemäßigten Oberkommmandierenden im tschetschenischen Unabhängigkeitskampf Aslan Maschadow überlassen. Dessen Versuch, den kaltblütigen Kalkulator als Vizepremier einzubinden, schlug fehl. Bassajew stieg nach einem halben Jahr aus. Die zweite Geige zu spielen, entspricht nicht seinem Selbstverständnis.

Der einflussreiche Klan „Jalchora“ aus dem Bergdorf Wedeno, dem Schamil entstammt, verfolgte mit seinem Sprössling von Kindheit an hochgesteckte Ziele: Er sollte in Moskau an Russlands Eliteuniversität Jura studieren. Angeblich war er bestens präpariert, wurde aber wegen seiner ethnischen Herkunft abgewiesen. Lustlos studierte er daraufhin „Bodennutzung und Flurbereinigung“, warf das Studium indes bald hin, handelte mit Computern und näherte sich schließlich dem Studienfach von der praktischen Seite, als Warlord.

Seit dem Sezessionskrieg der Abchasen gegen Georgien 1992 hat er den Kampfanzug kaum noch abgelegt. Sein Vorbild: Schamil, Held des kaukasischen Widerstands gegen die russischen Kolonisatoren im 19. Jahrhundert. „Moskau wird aus dem Kaukasus verschwinden“, lautet Bassajews Credo. Dafür wird er alles tun und kaum ein Mittel scheuen. Klaus-Helge Donath