Pariser Rüge für die USA

■ Frankreich beklagt eigenmächtiges Vorgehen der USA im Kosovokrieg

Paris (AFP/taz) – Die französische Regierung fühlte sich während des Kosovokriegs mehrfach von den USA übergangen. Paris wirft Washington vor, bei der Auswahl der Ziele und dem Einsatz von Waffen die Nato-Partner oft nicht informiert zu haben. Die USA hätten neben den Nato-Einsätzen einen eigenen Krieg geführt. Das französische Verteidigungsministerium hat seine Kritik an den Amerikanern in einem 55-seitigen Bericht zusammengefasst. Darin heißt es: „Ein Teil der militärischen Operationen ist von den USA außerhalb des Nato-Rahmens und der Nato-Befehlsstruktur geführt worden.“

Besonders die Doppelstruktur bei Nato-Einsätzen ist Frankreich ein Dorn im Auge. Der oberste Befehlshaber der Operation „Allied Force“ im Kosovo, US-General Wesley Clark, sei nicht nur den Nato-Instanzen untergeordnet gewesen, sondern zugleich den nationalen Befehlsstrukturen der USA, kritisiert der Bericht. Außerdem ärgern sich die französischen Militärs über die Informationspolitik der Amerikaner. Washington habe den Einsatz von Hochtechnologiewaffen wie dem B-2-Bomber oder Lenkraketen wiederholt mit den den Partnern nicht abgesprochen. Die USA hätten allein über den Einsatz der Cruise-Missiles entscheiden. „Eine Nation, die nicht über Lenkwaffen verfügt, kann so aus der Befehlsstruktur teilweise ausgeschlossen werden“, stellt Paris frustriert fest.

Während des Krieges hatte Präsident Chirac öffentlich mehrere US-Angriffe in Montenegro und in der jugoslawischen Hauptstadt Belgrad verurteilt. Frankreich wirbt derzeit für eigene Militärkapazitäten der Europäischen Union, die nach französischer Sicht unabhängig von den USA bleiben sollen. Der Bericht droht die ohnehin schon gespannten Beziehungen in Sicherheitsfragen innerhalb der Nato weiter zu verschärfen. Paris hatte die USA verächtlich als „amerikanische Hypermacht“ tituliert und ihr „isolationistische Bestrebungen“ vorgeworfen. pw