■ Kommentar
: Eichels großes Los  Die Neuordnung der Finanzen darf nicht verhindert werden

Im Streit um den Finanzausgleich gibt es einen echten Überraschungssieger: den Bund. Nicht etwa der ehrgeizige Bayer Edmund Stoiber oder der sparsame Schwabe Erwin Teufel haben das große Los gezogen, sondern Bundesfinanzminister Hans Eichel. Bislang pumpt er 26 Milliarden Mark jährlich durch diverse Kanäle in die Länder. Künftig braucht er das nicht mehr tun, jedenfalls nicht in diesem Umfang. So haben es die Verfassungsrichter gestern beschlossen.

In München und Stuttgart werden sich die Regierungschefs noch schwärzer ärgern, als sie eh schon sind. Denn die Stänkerer wider die föderale Solidarität aus dem Süden haben zwar im Prinzip Recht bekommen – aber sie werden daraus keinen finanziellen Vorteil ziehen. Der Beitrag der so genannten Geberländer bleibt zunächst gleich. Auf Deutsch: Berlin, Bremen und die armen Ostländer kriegen künftig ein bisschen weniger – die reichen Südländer aber zahlen weiter.

Der gestrige Spruch der Verfassungsrichter unterscheidet sich wohltuend von vielen ihrer bisherigen Entscheidungen zur Finanzpolitik. Der Beschluss lässt den eigentlichen Akteuren, den Ministerpräsidenten der Länder, eine angemessene Frist zu einer politischen Lösung. Zugleich legt der Richterwille die Gesetzgeber und die Länderregierungen nicht wieder auf ein buchstabengetreues Nachbeten der Entscheidung fest. Ihren Druck hat die dritte Gewalt gleichwohl aufrechterhalten. Damit ist der Hinhaltetaktik von Ländern vorgebeugt, die am liebsten am alten Finanzausgleich festhalten würden.

Der Kassenwart des Bundes war es, der jüngst darauf drängte, dass Länder wie Saarland und Bremen nicht einfach auf Kosten der anderen rote Zahlen schreiben. Eichel deutete an, dass er seine Zuschüsse in geplünderte Kassen mancher Länder stoppen werde – falls diese dem Haushaltssanierungsgesetz des Bundes, dem Sparpaket also, ihre Zustimmung verweigern. Dieser kaum verhohlenen Drohung ist nun richterlicher Segen erteilt worden. Das Verfassungsgericht zwingt den Bund und die Länder, die gesamte Finanzarchitektur der Republik auf eine neue Grundlage zu stellen. Der Bundestag kann das Seinige dazu tun, wenn er heute das Sparpaket und diverse Steuergesetze beschließt. Und auch der Bundesrat, das ist die eigentliche Botschaft der Karlsruher Richter, darf sich dem nicht in den Weg stellen. Christian Füller