Sharif droht in Pakistan die Todesstrafe

■ Die Militärführung leitet den ersten Schritt zur Anklage gegen den gestürzten Premier ein. Vorwurf der Konspiration und Entführung

Berlin (taz) – Dem gestürzten pakistanischen Premierminister Nawaz Sharif droht ein Gerichtsverfahren wegen Verschwörung, Mordversuchs und Entführung. Darauf kann die Todesstrafe verhängt werden. Dies berichtete die Tageszeitung The Nation gestern unter Berufung auf eine Erklärung der Polizei in Karatschi von Mittwochabend. Demnach reichte ein Offizier vom regionalen Militärhauptquartier gegen den Ex-Premier und acht weitere Personen eine entsprechende Beschwerde bei der Polizei ein. Eine Anklage durch ein Sondergericht zur Terrorismusbekämpfung stehe bevor.

Sharif war am 12. Oktober durch einen Putsch von Generalstabschef Pervez Musharraf gestürzt worden. Unmittelbar zuvor hatte der Premier in einem Machtkampf Musharraf entlassen, als dieser gerade zu Besuch in Sri Lanka war. Auf dem Rückweg sollen die Behörden auf Anweisung Sharifs dem Flugzeug mit Musharraf und 200 Zivilisten an Bord die Landung in Karatschi verweigert und die Maschine nach Norden umgeleitet haben, wo Sharif-treue Soldaten auf das Flugzeug warteten. Stattdessen übernahmen loyal zum General stehende Soldaten Karatschis Flughafen und ermöglichten dem Flugzeug die Landung. Musharraf holte darauf zum Gegenschlag aus und stürzte Sharif. Der General wirft dem Premier vor, das Leben der Flugzeuginsassen gefährdet zu haben. Die Maschine soll kaum noch Treibstoff gehabt haben.

Musharrafs Putsch war international verurteilt worden, stieß in Pakistan aber nur auf geringe Kritik, da Sharifs Regierung wegen grassierender Korruption unbeliebt war. Sharif und Musharraf hatten sich über die Niederlage der pakistanischen Truppen im jüngsten Kaschmir-Konflikt zerstritten.

Menschenrechtsorganisationen hatten die pakistanische Militärführung aufgefordert, den seit einem Monat ohne Kontakt zur Außenwelt unter Hausarrest stehenden Sharif entweder anzuklagen oder freizulassen. Mit der Einleitung einer Anklage geht das Militär jetzt darauf ein. Beobachter befürchten jedoch einen Scheinprozess gegen Sharif. Der Sprecher des US-Außenministerium forderte die Militärführung zu einem fairen Verfahren auf. Die Sorge vor der Todesstrafe ist auch insofern berechtigt, als schon in den 70er-Jahren der ebenfalls durch einen Putsch gestürzte Premier Zulfikar Ali Bhutto zum Tode verurteilt und hingerichtet worden war.

Sharifs Muslim-Liga kündigte gestern an, gegen die Aufhebung der Verfassung vor dem Obersten Gerichtshof klagen zu wollen.

Sven Hansen