Helmut Kohl bleibt auf freiem Fuß

■  Der langjährige Parteivorsitzende gibt die Existenz schwarzer Konten während seiner Amtszeit zu. Mögliche Verstöße gegen das Parteiengesetz „habe ich nicht gewollt“. Für die CDU ein Kavaliersdelikt

Berlin (taz) – Helmut Kohl hat zugegeben, dass es in seiner Amtszeit als CDU-Vorsitzender schwarze Konten der Partei gegeben hat, und dafür die Verantwortung übernommen. Er habe seinerzeit „die vertrauliche Behandlung bestimmter Sachverhalte“, wie Zuweisungen an einzelne Parteiverbände, für „notwendig erachtet“, sagte Kohl gestern nach einer Sondersitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. Zu diesem Zweck hatte der ehemalige Parteichef die „getrennte Kontenführung“ für „vertretbar“ gehalten. Gleichzeitig wies Kohl „mit Entschiedenheit“ alle Spekulationen zurück, wonach von ihm getroffene politische Entscheidungen käuflich gewesen seien.

Die CDU versucht die Geschichte, die sich zu einem der größten Skandale seit der Flick-Affäre entwickeln könnte, runterzuspielen. Ohne auch nur eine Frage zu beantworten, entschwand Kohl nach seiner Erklärung zu einer Wahlkampfveranstaltung. Denn, so will zumindest CDU-Parteichef Wolfgang Schäuble glaubhaft machen: „Das Ansehen Kohls wird durch die Affäre nicht berührt.“ Das sieht der niedersächsische CDU-Chef Christian Wulff anders. Er hatte am Montag gesagt: „Wer nach der Parteispendenaffäre der 80er-Jahre noch von irgendwelchen Konten wusste, kann meine Sympathie nicht finden.“ So als habe Kohl nur vergessen, sein Parkknöllchen zu bezahlen, und nicht – wie es scheint – gegen das Parteispendengesetz verstoßen, betonte Schäuble, es handele sich schließlich nicht um ein strafrechtlich relevantes Delikt. Und: „Wir sind stolz auf unseren Ehrenvorsitzenden.“

Als sei er froh, dass alles nicht noch schlimmer gekommen ist – Genaueres wird der parlamentarische Untersuchungsausschuss in den nächsten zwei Jahren klären müssen –, versicherte Schäuble immer wieder, dass „die Entscheidungen der Regierung Kohl nie in irgendeiner Weise käuflich gewesen sind“.

„Im Wesentlichen“ habe es nach den Beschreibungen Schäubles ein Konto außerhalb des Rechnungswerks der CDU gegeben. Geld sei aber nie direkt von diesem schwarzen Konto auf ein offizielles Parteikonto geflossen. Vielmehr sei von dem Finanzberater der Partei, Horst Weyrauch, immer ein neues Konto eröffnet und anschließend wieder geschlossen worden. Auf diese Art und Weise sollte, so vermutet Schäuble, das Schwarzkonto verdeckt werden. Dieses sei schließlich von der Kanzlei Weyrauch am 2. Dezember 1998 geschlossen worden. Schäuble vermittelte den Eindruck, dass dies im Zusammenhang mit der Neubesetzung der Parteispitze geschehen sei, dementierte dann aber, dass er oder CDU-Schatzmeister Matthias Wissmann von der schwarzen Kasse Kenntnis gehabt hätten. Karin Nink

Tagesthema Seite 3