Billiger Atomausstieg
■ AKW-Stilllegung kostet Schweden nur ein Viertel dessen, was Atomindustrie angab
Stockholm (taz) – Der Ausstieg aus der schwedischen Atomkraft hat einen Preis, und der liegt wesentlich niedriger, als von der Atomindustrie angedroht. Umgerechnet 2,2 Milliarden Mark kostet die schwedischen Steuerzahler die Abschaltung der beiden Atomreaktoren des AKW Barsebäck, das ist schätzungsweise nur ein Viertel der Summe, die der Atombetreiber Sydkraft bisher angegeben hatte.
Praktisch in letzter Minute einigten sich der schwedische Staat und der Barsebäck-Betreiber „Sydkraft“ auf eine Entschädigung für die Abschaltung des Barsebäck-1-Reaktors. Nach der am Dienstag bekanntgegebenen Vereinbarung erhält Sydkraft für die Quasi-Enteignung keine Krone als Ersatz. Die Firma bekommt stattdessen eine Erstattung der bisherigen Stromproduktionskapazität „in Natur“ durch entsprechende Beteiligung an einer neu gegründeten Betriebsgesellschaft für das in der Nähe von Göteborg liegende AKW Ringhals, das bislang gänzlich im Eigentum der – staatlichen – „Vattenfall“ steht. Die Ersetzung erfolgt nicht nur für den mittlerweile abgeschalteten ersten Reaktor, sondern auch für Barsebäck 2. Vattenfall übernimmt im Gegenzug diesen Reaktor und bekommt aus der Staatskasse für die an Sydkraft mit Barsebäck 1 abgetretene Stromproduktionskapazität 5,7 Milliarden Kronen. Wird Barsebäck 2 stillgelegt, erhält das Staatsunternehmen voraussichtlich weitere 4,3 Milliarden Kronen. Das sind insgesamt umgerechnet 2,2 Milliarden Mark Belastung für die Staatskasse.
Die jetzt gefundene Vergleichslösung könnte den Effekt haben, dass das Ausstiegstempo in Schweden angezogen wird. Die Abschaltung von Barsebäck 2 ist nach bisherigem Parlamentsbeschluss für den Sommer 2001 vorgesehen. Jetzt muss aber weder auf Privatunternehmen noch auf etwaige gerichtliche Schritte mehr Rücksicht genommen werden. Außerdem verursacht der Reaktorbetrieb Mehrkosten von jährlich rund 50 Millionen Mark. Schweden könnte durch frühe Abschaltung sparen. Reinhard Wolff
