Das Portrait
: Ein stolzer Mann

■ Martin McGuinness

„Ich bin sehr stolz und fühle mich geehrt, der neue Bildungsminister zu sein“, sagte Martin McGuinness am Montag abend, nachdem in Nordirland die erste Mehrparteienregierung in der Geschichte der britischen Krisenprovinz gebildet worden war. McGuinness hatte auch einmal gesagt: „Ich bin Mitglied der Derry-Brigade der Irisch-Republikanischen Armee, und ich bin sehr, sehr stolz darauf.“ Doch das ist ein Vierteljahrhundert her, und McGuinness war in der Republik Irland gerade zu sechs Monaten Haft wegen Mitgliedschaft in der IRA verurteilt worden.

Bei den Friedensverhandlungen spielte McGuinness eine entscheidende Rolle. Ohne ihn hätte die IRA nicht mitgemacht. Für deren Basis sei er „die Personifizierung des bewaffneten Kampfes“, sagte Eamonn McCann, ein linker Journalist. Kevin Toolis schrieb 1995 in seinem Buch über die IRA: „Keine andere lebende Person stellt eine größere Gefahr für den britischen Staat dar.“ Von 1971 bis 1973 soll McGuinness IRA-Kommandant in Derry gewesen sein, Nordirlands zweitgrößter Stadt.

Martin McGuinness (49) wird für die Sinn Féin Minister in Nordirlands neuer Regierung Foto: AP

McGuinness ist 49. Er besuchte eine katholische Schule, ging mit 15 ab und machte eine Fleischerlehre. Er stammt aus der Bogside, jenem katholischen Viertel Derrys, das im Sommer 1969 zum ersten Mal Schlagzeilen machte, als die Bewohner nach einer Schlacht mit der Polizei ihr Viertel verbarrikadierten und eine „befreite Zone“ errichteten, die erst drei Jahre später von Polizei und Armee gestürmt werden konnte. Am 30. Januar 1972 ging die Bogside erneut durch die Weltpresse, nachdem die britische Armee das Feuer auf unbewaffnete Demonstranten eröffnet hatte. 14 Menschen starben. Im selben Jahr wurde McGuinness, gemeinsam mit dem heutigen Sinn-Féin-Präsidenten Gerry Adams und anderen IRA-Gefangenen, zu geheimen Friedensverhandlungen nach London geflogen.

McGuinness, der für Sinn Féin in die neue Regierung zieht, lebt mit seiner Familie noch immer in der Bogside. Er raucht nicht und trinkt keinen Alkohol, er schreibt Gedichte und angelt gerne. Er ist seit Jahren arbeitslos, bezieht aber keine Sozialhilfe vom britischen Staat. Seine Diäten als Unterhausabgeordneter kann er nicht kassieren, weil er den Sitz nicht einnimmt. Als er 1997 gewählt wurde, sagte der unterlegene Unionist William McCrae, dass die „unionistische Sache nicht von ein paar Strolchen besiegt“ werde. Nun sind die Strolche für die Bildung in Nordirland zuständig. Ralf Sotscheck