Unterm Strich

So, liebe Leser, und nun blicken wir zurück in den Winter des Jahres 1841/42. Die damals 44 Jahre alte Dichterin Annette von Droste-Hülshoff verguckte sich in den 28-jährigen Literaten Levin Schücking. Hatte eine der berühmtesten deutschen Dichterinnen also tatsächlich ein intimes Verhältnis mit einem 16 Jahre jüngeren Mann? Darüber ist, wie AP meldet, ein regelrechter Historikerstreit ausgebrochen. Stein des Anstoßes ist ein Schulbuch des Stuttgarter Klettverlags für Gymnasien und Realschulen. Darin wird die vermeintliche Liebesbeziehung zur Tatsache erhoben. Wogegen allerdings das Schücking-Museum in Sögel Einspruch erhebt. Mit unglaublicher Energie versucht der Journalist und Museumsleiter Heinz Thien seinen Schützling vom Vorwurf rein zu waschen, er habe ein unschickliches Verhältnis gehabt – zumal Schücking nachgesagt wird, die Droste grob verlassen und sich auf Schloss Meersburg wie ein Chauvi aufgeführt zu haben.

Und nun also dieses Schulbuch. Unerhörte „Sexgeschichten“ seien das, die Klett da ausgerechnet an den Nachwuchs weiterverbreite, entrüstet sich Thien. Seit Monaten beschwert er sich bei Kultusministerien, Bundestagsabgeordneten und anderen Stellen über den Verlag. Der aber beharrt darauf: Das Verhältnis zwischen der Droste und Schücking war nicht allein literarischer Art. Herzzerreißende Liebesgedichte habe sie dem jungen Mann gewidmet: „Das sind dir Hieroglyphen, junges Blut, / Und ich will an deiner lieben Seite, / Froh schlürfen meiner Neige letztes Gut.“ Trotz allem hat der Klettverlag jetzt eingelenkt. Man werde in der nächsten Auflage zwei Stellen streichen, die ein vollzogenes Liebesverhältnis unterstellten. Dass sich das Schücking-Museum damit zufrieden gibt, ist eher unwahrscheinlich. Man wird dort wohl weiter gegen die „Bettgeschichten im Schulbuch“ zu Felde ziehen.

Das Goethe-Institut geht trotz der Schließung von zehn kleineren Auslandseinrichtungen in Folge der Sparauflagen der Bundesregierung „mit Neugier und Optimismus“ in das nächste Jahrhundert. Dies betonte der Präsident des Goethe-Institutes am Dienstag bei der Vorlage des Jahresberichtes in Berlin. Dank der Initiative von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Kulturstaatsminister Michael Naumann (SPD) hätten weitere ursprünglich notwendig gewordene Schließungen in letzter Minute verhindert werden können. Na, dann!

Politiker und Parlament hätten inzwischen ihre öffentliche Verantwortung für die auswärtige Kulturpolitik wahrgenommen, betonte Sartorius. Zu der möglichen Fusion des Goethe-Instituts mit der Bonner Mittlerorganisation Inter Nationes meinte Sartorius, jeder müsse „zunächst seine Hausaufgaben machen“. Was, so lässt sich ergänzen, mit Schulbüchern voller Sexgeschichten auch reizvoll sein kann.