■ Kommandeurstagung: Was wird aus der Bundeswehr?
: Richtung Europa

Auf der Kommandeurstagung der Bundeswehr ging es um die schon lange anstehenden Reformen in der Bundeswehr. Wenig glaubwürdig ist dabei die Kritik der Opposition. Denn gerade unter dem CDU-Verteidigungsminister Volker Rühe wurden schon seit 10 Jahren in der Bundeswehr diskutierte Reformansätze blockiert, weil man um die Wehrpflicht fürchtete.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in seiner Rede vor den Bundeswehrkommandeuren die Schwerpunkte richtig gesetzt. Es geht nicht mehr um nationale Verteidigungs- und nationale Krisenpräventionspolitik. Kein europäisches Land ist in der Lage, solche wichtigen Aufgaben allein erfolgreich zu bewältigen. Wir müssen in Zukunft militärische Verteidigung, Krisenprävention und Nachsorge unter der Einbindung Nordamerikas europäisch denken und europäisch organisieren. Denn nur so können wir ressourcensparend unserer militärischen Sicherheitsvorsorge langfristig nachkommen.

Ob es uns gefällt oder nicht – Kriege sind leider in Europa wieder möglich geworden, und wir werden künftige Gewaltkonflikte kaum ohne effiziente militärische Mittel verhüten oder kontrollieren können. Ausschließlich zivile Polizeikräfte wären mit der Abschreckung, Kontrolle und Entwaffnung (para-) militärisch bewaffneter Kräfte hoffnungslos überfordert. Dabei dürfen solche Einsätze nur unter Legitimierung der UN oder OSZE stattfinden. Das ist ein zentrales Kriterium – auch um Russland in die Verantwortung für die europäische Sicherheit einzubinden.

Die Haushaltskonsolidierung muss schließlich Vorrang haben vor den Modernisierungswünschen der Streitkräfte, zumal derzeit keine unmittelbar militärische Bedrohung existiert oder sich abzeichnet. Doch dürfen die Mittelzuwendungen zur Krisenprävention sich nicht nur auf den Aufbau des Eurokorps, neue strategische Aufklärungsmittel und schnelle Transportkapazitäten beschränken.

Finanziellen Abrüstungsbeihilfen, der Verbesserung des zivilen Krisenmanagements sowie dem Aus- und Aufbau ziviler Institutionen zur Verhütung oder zur Nachsorge in Gewaltkonflikten kommt eine vorrangige Aufgabe zu. Gerade das Kosovo hat gezeigt, dass hier noch viel mehr Nachholbedarf besteht als bei der militärischen Krisenvor- und -nachsorge. Hans Joachim Schmidt

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim

Hessischen Institut für Friedens- und Konfliktforschung