Ab Frühjahr gibt's wieder britisches Rindfleisch

Bund und Länder folgen EU-Druck und heben das Embargo auf. Kennzeichen soll Verbraucher schützen  ■   Von Matthias Urbach

Das britische Rindfleisch soll man künftig am sechseckigen Stempel mit dem Aufdruck „XEL“ erkennen können

Berlin (taz) – Deutschland gibt seinen hinhaltenden Widerstand gegen den Import britischen Rindfleisches auf. Am Dienstagabend beschlossen die zuständigen Minister des Bundes und der Länder, ab dem Frühjahr 2000 wieder britisches Beef ins Land zu lassen. Um die Verbraucher zu schützen, machten sie allerdings zur Auflage, dass das Fleisch von der Insel, egal ob als Wurst oder Steak, gekennzeichnet werden muss – und zwar mit einem sechseckigen Stempel mit den Buchstaben „XEL“. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) will dem Bundesrat eine entsprechende Verordnung in den nächsten Tagen vorlegen.

Wirkliche Sicherheit vor britischem Fleisch bietet das Siegel leider nicht. Denn es ist möglich, dass britisches Fleisch beispielsweise in Holland oder Belgien verarbeitet wird und dann erst nach Deutschland gelangt. Dann würde die deutsche Kennzeichnungsregel nicht greifen. Der nordrhein-westfälischen Agrarministerin Bärbel Höhn (Grüne) geht der Beschluss deshalb nicht weit genug: „Die jetzt vorgesehene Regel schafft mehr Verwirrung an der Ladentheke, als sie Klarheit bringt“, sagte Höhn gestern. „Ich halte es für besser, das Embargo so lange aufrechtzuerhalten, bis eine EU-weite Kennzeichnung durchgesetzt ist.“ Sie stimmte zusammen mit den Ministern von Bayern, Hessen und dem Saarland gegen den Bund/Länder-Beschluss.

Doch dieses Verhalten hätte reichlichen Ärger mit der EU heraufbeschworen. Die hatte die Bundesrepublik bereits unter Druck gesetzt, einen Zeitplan für die Aufhebung des Embargos vorzulegen. Dazu ist Deutschland verpflichtet, nachdem die EU-Kommission im Sommer beschloss, das Embargo aufzuheben. Seitdem verzögert Deutschland mit kleinen Tricks die Umsetzung dieser Vorschrift.

Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer gibt zwar zu, dass es bei der Rinderseuche BSE noch „keine hundertprozentige Sicherheit“ gibt. Sie steht aber unter dem Druck, sich an das EU-Recht zu halten. Eine EU-einheitliche Kennzeichnung, wie Höhn sie ins Gespräch brachte, ist ohnehin unrealistisch. Alle anderen EU-Länder außer Frankreich haben das Embargo inzwischen aufgehoben.

Die Briten können die Blockade von Deutschland und Frankreich nicht verstehen. Sie gehen davon aus, dass ihr Fleisch sicher ist, schon weil alles infektiöse Material beim Schlachten aus dem Rind entfernt werden muss.

Zwar sinkt die Zahl der am Rinderwahn gestorbenen Tiere kontinuierlich, doch noch immer sind es viele Fälle: Dieses Jahr sind schon wieder 1.850 wahnsinnige Rinder gemeldet worden. 48 Menschen sind in Großbritannien bislang an der mit dem Rinderwahn in Verbindung gebrachten neuen Variante der Creutzfeld-Jakob-Krankheit gestorben.

Erst vergangene Woche sorgte ein neuer Fall für Aufregung in der britischen Presse. Ein 13-jähriges Mädchen steht im Verdacht, ebenfalls an dieser Krankheit zu leiden. Dies wäre mit Abstand die jüngste Erkrankte und ist deshalb so beunruhigend, weil es bedeuten könnte, dass die zur Infektion ausreichende Dosis verseuchten Fleisches geringer wäre als bislang erhofft. Weil zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Krankheit viele Jahre vergehen können, ist bis heute unklar, wie viele Menschen in Großbritannien infiziert sind.