wg. Kohl“
: Flick kaufte die Republik

■ In der Flick-Parteispenden-Affäre konnte sich Kohl noch mit „Blackouts“ retten

Die bisher größte Parteispendenaffäre der Nachkriegzeit begann im November 1981 mit einer spektakulären Durchsuchung der Büroräume und Privatwohnungen der Manager des Düsseldorfer Unternehmens Flick. Steuerfahnder und Staatsanwälte fanden brisante Akten über schwarze Kassen, aus denen Bares an CDU, CSU und FDP, in geringem Umfang auch an die SPD, geflossen war. Unter dem Kürzel „wg.“ hatte Flick-Buchhalter Rudolf Diehl die jeweiligen Spendenbeträge aus den inoffiziellen Kassen ordentlich aufgelistet – „wg.“ hatte im Hause Tradition, denn darunter wurden bereits die Spendenbeträge an die Waffen-SS archiviert.

Insgesamt 25,8 Millionen Mark ließ der rheinische Konzern zwischen 1969 und 1980 den Parteien und Politikern zukommen zur „Pflege der Bonner Landschaft“, wie die Flick-Manager es nannten. Gepflegt wurden diejenigen, die dem Konzern Steuern ersparen konnten. Denn der Profit des Unternehmens konnte staatsabgabenfrei bleiben, wenn Wirtschafts- und Finanzminister ihm das Prädikat „volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig“ verliehen. Der Flick-Prozess endete 1987: Die Ex-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff und Hans Friderichs wurden zu Geldstrafen, Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Viele Details der Flick-Affäre blieben im Dunkeln. Richter Buchholz meinte nach der Urteilsverkündung, „der Wahrheit nahe gekommen zu sein“. Die Vorgänge, die sich hinter dem Kürzel „wg. Kohl“ verbargen, konnten indes nicht ganz aufgeklärt werden. 1986 erstattete der Grünen-Abgeordnete Otto Schily Strafanzeige gegen den damaligen Bundeskanzler: Er habe Spenden von Flick verschwiegen, die von seiner Sekretärin Juliane Weber entgegengenommen wurden. Kanzler Kohl überstand die Krise mit den berüchtigten „Blackouts“ vor laufender Kamera. Eberhard von Brauchitsch allerdings erinnert sich 1999 in seinem Buch „Der Preis des Schweigens“, Kohl habe ihm seine Sekretärin gelegentlich vorbeigeschickt: „Frau Weber erklärte mir dann, dass in diesem oder jenem Landesverband ein Vertrauensmann Kohls unterstützt werden müsse.“

Die „gekaufte Republik“ machte sich nach der Flick-Affäre auf den Weg zu einem neuen Parteienfinanzierungsgesetz. Das Bundesverfassungsgericht erzwang 1992 eine neue Regelung, mit der die dubiosen Geldquellen – eigentlich – ausgeschlossen sein sollten.

Isabelle Siemes