Kein Pardon mehr für Schläger

Christine Bergmann bündelt die Kräfte: Gestern hat das Kabinett den „Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“ verabschiedet  ■   Von Heide Oestreich

Berlin (taz) – Jeder dritte Mann schlägt zu. Er schlägt nicht irgendjemanden, sondern seine Frau oder Freundin. Diese Schätzungen sind schon lange bekannt, dennoch ist dem Staat bis auf die finanzielle Unterstützung von Frauenhäusern nicht viel dazu eingefallen. Frauenministerin Christine Bergmann hat jetzt Gesetzesvorhaben, Kampagnen und Prüfvorhaben der Bundesregierung zu diesem Thema in einem Programm zusammengefasst. Es reicht von Aufklärung über gewaltfreie Erziehung über ein Gesetz zur häuslichen Gewalt bis hin zur Änderung des Ausländerrechts. Gestern verabschiedete das Kabinett diesen „Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“. Das wichtigste Gesetzesvorhaben betrifft den besseren Schutz von Frauen vor Schlägern in der eigenen Wohnung. Ende des Jahres wird ein Gesetz vorliegen, nach dem die eheliche Wohnung im Falle einer Strafanzeige gegen den Schläger der Frau zugewiesen werden kann. Dies soll auch für nichteheliche Gemeinschaften gelten. Außerdem sollen Gerichte Tätern verbieten können, Kontakt zu ihrer ehemaligen Partnerin aufzunehmen oder sich ihr zu nähern.

Geprüft wird noch, ob der Staat diese Fälle von Körperverletzung unabhängig von einer Strafanzeige der Frau als „Offizialdelikt“, verfolgen können soll. Das Problem bei diesen Taten lag allerdings bis jetzt vor allem darin, dass weder Polizei noch Gerichte häusliche Schlägereien besonders ernst nahmen. Ein weiterer Schwerpunkt heißt deshalb „Sensibilisierung“: Polizisten sollen zum Beispiel lernen, entsprechende Notrufe nicht nur unter „Ehestreit“ abzuhaken. Auch die Polizeigesetze werden geändert: In Zukunft sollen Polizisten Schläger bis zu sieben Tage lang der Wohnung verweisen dürfen.

Ausländische Ehefrauen, die von ihren Männern misshandelt werden, sollen nicht mehr vier Jahre aushalten müssen, bis sie ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bekommen, sondern nur noch zwei. Ausländerinnen, die via Frauenhandel in der Bundesrepublik gelandet sind, werden demnächst vier Wochen geduldet, damit sie entscheiden können, ob sie als Zeuginnen gegen die Menschenhändler aussagen wollen.

Außerdem will die Frauenministerin Hintergrundarbeit leisten: Eine bundesweite Arbeitsgemeinschaft zu Gewalt gegen Frauen mit allen beteiligten Länderministern ist geplant. Zudem soll es endlich auch die angemessenen Statistiken geben: Damit „Jede dritte Frau ist Opfer häuslicher Gewalt“ in Zukunft nicht mehr nur eine Schätzung bleibt, werden europaweit erstmals Gewalttaten gegen Frauen gesondert gezählt.