Mehr Bürgerrechtler in die PDS“

■ Marion Seelig, innenpolitische Sprecherin der PDS, hält viele der früheren Bürgerrechtspositionen in der PDS für mehrheitsfähig

Es hat sie nie gegeben: die DDR-Oppositionellen. Es gab Oppositionelle unter dem Dach der Kirche, es gab Gruppen, die sich mit Marxismus beschäftigten. Für andere Gruppen standen Fragen wie Demonstrationsrecht, Presse- und Reisefreiheit im Mittelpunkt. Einig waren sich diese Gruppen darin, dass die DDR reformiert werden sollte und dass dafür Widerstand notwendig war.

Ich würde mir wünschen, dass mehr ehemalige DDR-Oppositonelle in und bei der PDS arbeiten würden. Das hätte auch einen größeren Einfluss auf die Auseinandersetzung um Stasi-Aufarbeitung und politische Verantwortung in der Vergangenheit gehabt. Und es wäre heute eine Chance, alte Tugenden, wie Zivilcourage, Bürgerrechtstradition und Visionen von sozialer und friedlicher Zukunftsgestaltung in der Partei und in der Gesellschaft mit größerem Nachdruck zu verankern.

Mir ist klar, dass gerade das Stasi-Thema es für DDR-Oppositionelle schwer macht, sich auf die PDS einzulassen, aber es gab immer die Möglichkeit der Einmischung, von der zu wenige Gebrauch gemacht haben.

Für mich hat die Auseinandersetzung über die Vergangenheit der PDS in starken Maße dazu geführt, die Glaubwürdigkeit dieser Aufarbeitung an den Positionen zu heutigen Bürgerrechtsfragen zu überprüfen.

Die De-facto-Abschaffung des Asylrechts und die Folgefragen des Umgangs mit MigrantInnen und Flüchtlingen, Abschiebungen, Großer Lauschangriff, anlass- und verdachtsunabhängige Kontrollen, Polizeigesetze, die Eingriffsbefugnisse der Polizei immer mehr ausweiten, sind Themen, bei denen meine Bürgerrechtspositionen in der PDS mehrheitsfähig sind. Die zentrale Frage der sozialen Gerechtigkeit finde ich von anderen Parteien weitgehend aufgegeben.

Für mich ist es allerdings sehr viel unbegreiflicher, wie manche ehemalige BürgerrechtlerInnen den Paradigmenwechsel in Bezug auf das Grundgesetz nicht zur Kenntnis nehmen und beispielsweise als Mitglieder der CDU massive Einschränkungen der Bürgerrechte hinnehmen, die für Menschen ausländischer Herkunft schon heute ähnliche Verstöße gegen die Menschlichkeit darstellen, wie wir sie damals bekämpft haben.

Viele DDR-Oppositionelle haben sich 10 Jahre nach der Wende enttäuscht von der Politik zurückgezogen, andere haben in parlamentarischen und außerparlamentarischen Bereichen außerhalb der PDS Platz gefunden. Wichtig ist für mich, dass sie ihre Stimmen gegen neues Unrecht ebenso vehement erheben wie gegen das Unrecht in der DDR. Dann wäre es egal, ob in, bei oder außerhalb der PDS.