„Versicherer passen Prämien an“

Auf die Versicherungen ist nicht zu zählen, wenn es um zunehmende Wetterschäden geht, meint Klimaforscher Armin Haas

taz: Herr Haas, welche Auswirkungen hat der Klimawandel?

Armin Haas: Modelle zeigen, dass wir in Deutschland in Zukunft häufiger mit extremen Wetterereignissen konfrontiert sein werden. Beispiele dafür sind starke Winterstürme, Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürren.

Wie reagieren die Versicherungen?

Die Rückversicherungen haben bereits in den 70er-Jahren auf den Klimawandel reagiert und eigens Abteilungen eingerichtet, die die Klimaveränderungen im Hinblick auf Versicherungsschäden und dadurch eventuell notwendige Prämienerhöhungen beobachten. Die Erstversicherer ziehen seit einiger Zeit nach, da auch ihnen klar wird, dass sie in Zukunft viele Verträge nicht mehr auf Basis der vorhandenen Schadensstatistiken abschließen sollten.

Gibt es Bereiche, wo Versicherungen einen Schutz ausschließen?

Einige Versicherungen übernehmen in Überschwemmungsgebieten keinen Versicherungsschutz gegen Hochwasserschäden, um die Prämien für die anderen Regionen stabil halten zu können. Wer in diesen hoch gefährdeten Überschwemmungsgebieten baut, baut somit auf eigenes Risiko – es sei denn, der Staat interveniert nach einer Überschwemmung, wie das vor Wahlen ja gelegentlich vorkommt.

Gibt es Möglichkeiten, auch solche Regionen zu versichern?

Die gibt es. Dazu sind aber politische Entscheidungen notwendig. In Frankreich ist es staatlich festgelegt, dass die Versicherung von Gebäuden überall gleich viel kostet. Das heißt aber auch, dass Menschen in sicheren Gebieten die Schäden von Hochrisikogebieten subventionieren müssen. Ob ein hessischer Bauer gerne die Schäden an Wochenendhäusern an der Nordsee bezahlen möchte, halte ich aber nicht für ausgemacht.

Was könnte ein typischer Versicherungsfall der Zukunft sein?

Nehmen wir an, wegen einer Dürre würde der Wasserstand in einem Fluss über längere Zeit auf ein so niedriges Niveau sinken, dass einem Kraftwerk das Kühlwasser ausgeht. Es könnte somit keinen Strom mehr produzieren. Wenn das aufgrund einer großräumigen Dürre vielen Kraftwerken so geht, werden in vielen Betrieben die Maschinen stillstehen und sogenannte Betriebsausfallversicherungen greifen.

Was werden die Schäden des Klimawandels kosten – und wer soll zahlen?

Die Höhe der Schäden ist schwer seriös abzuschätzen. Alle denkbaren Schäden – aber auch eventuelle Gewinne – des Klimawandels hängen einerseits vom Verhalten der Natur ab, andererseits von den politischen Entscheidungen, die wir in den nächsten Jahrzehnten treffen werden. Beides ist schwer vorauszusehen. Aber es gibt Strukturen, die ahnen lassen, wie man die Bürden des Klimawandels sinnvoll teilen kann. Ein Beispiel ist der Solidaritätsfonds, den die EU nach der Elbe-Flut gründete. Diesen könnte man mit dem Geld ausbauen, das man durch die Versteigerung von Emissionsrechten einnimmt. Das könnte dabei helfen, Emissionen präventiv zu vermeiden. Es geht also darum, die Schäden gar nicht erst groß werden zu lassen. INTERVIEW: SVEN KULKA