Bahn gibt sich nach Verkehrschaos kulant

Fahrgäste, die wegen des Orkans „Kyrill“ steckengeblieben sind, können sich jetzt um Entschädigung bemühen

BERLIN taz ■ Chaos auf Bahnhöfen, Züge gestrichen – vier Tage nach dem Orkan „Kyrill“ können sich Zuggäste jetzt um Entschädigung bemühen. „Wir werden jeden Fall genau prüfen“, sagte Bahnsprecher Achim Stauß gestern der taz. Über die Internetseite www.bahn.de/kontakt sollten Kunden eine E-Mail schicken oder einen Brief an Deutsche Bahn Kundendialog, Postfach 600749, 22207 Hamburg.

Am Donnerstag hatte die Bahn wegen des heftigen Sturms erstmals in ihrer Geschichte in fast ganz Deutschland den Verkehr gestoppt. Im Fernverkehr sind jeden Tag rund 300.000 Fahrgäste unterwegs, im Regionalverkehr mehrere Millionen.

Einen Rechtsanspruch auf Entschädigung hätten die Passagiere nicht, sagte Stauß – „ein Orkan ist höhere Gewalt“. Die Bahn werde sich aber kulant zeigen. Wer auf seine Fahrt verzichtet habe, bekomme den Ticketpreis zurück. Die sonst übliche Erstattungsgebühr von 15 Euro entfalle. Auch Taxi- oder Hotelrechnung würden geprüft und „in vielen Fällen erstattet“. Die Obergrenze liege allerdings „bei 80 Euro“. Für eine „Taxifahrt von Frankfurt nach München“ werde die Bahn nicht aufkommen.

Der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann und der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierten das Krisenmanagement der Bahn. „Der Stopp des Zugverkehrs wegen des Sturms war richtig, aber die Information der Kunden waren katastrophal und stümperhaft“, sagte Hermann. Bahnsprecher Stauß entgegnete: „Der Sturm war heftig, wir sollten uns über die Entwicklung freuen.“ Die Aufräumarbeiten dauerten mancherorts bis heute Nachmittag an. Auf den Gleisen lägen noch Bäume, immer wieder fielen Äste herab.

Am Berliner Hauptbahnhof werden die Reparaturarbeiten längere Zeit brauchen. Durch den Orkan war ein tonnenschwerer Stahlträger aus der Fassade 40 Meter tief in den Eingangsbereich gekracht. Die Träger sind nicht festgeschweißt. Es habe keine Sicherheitsbedenken gegeben, erklärte die Bahn. Der Architekt des Hauptbahnhofes, Meinhard von Gerkan, wies eine Mitschuld zurück: Es müsse ein Fehler der Statik, Bauausführung oder Überwachung sein.

Bahnsprecher Strauß gab sich gestern zuversichtlich: „Im Fernverkehr läuft alles wieder“, sagte er. Zu Behinderungen komme es nur noch im Regionalverkehr, vor allem in Nordrhein-Westfalen. Die Bahn hat eine kostenlose Hotline eingerichtet: Wer aktuelle Informationen braucht, kann die Nummer 08 00-0 99 66 33 anrufen. HANNA GERSMANN

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