Ende einer Ära

Mit dem Tod seines Geschäftsführers und Mitgesellschafters Erich Schumann steht der WAZ-Zeitungskonzern vor großen Umwälzungen

VON STEFFEN GRIMBERG

Wenn man vor ein paar Jahren in der Geschäftsführung der Zeitungsgruppe WAZ in Essen anrief, konnte es passieren, dass er gleich selbst am Telefon war: Erich Schumann, Geschäftsführer und Mitgesellschafter des zweitgrößten deutschen Tageszeitungshauses nach Springer.

Und wenn der jetzt im Alter von 76 Jahren verstorbene Schumann gute Laune hatte, plauderte er auch schon mal aus dem Nähkästchen. Hatte er keine Lust, blieb die WAZ – stumm. Und das, was sie recht eigentlich bis heute ist: Ein 1,7 Milliarden Euro Umsatz schwerer Medienkonzern mit einer Führungsstruktur, die eher für eine kleine Familienklitsche taugt.

Es gibt jeweils zwei den beiden Gesellschafterfamilien Brost und Funke zuzurechnende Geschäftsführer. Und garantiert keine Bilanzpressekonferenzen. „Es ist halt unsere Kultur, nicht so sehr in die Öffentlichkeit zu gehen“, erklärte sich Schumann oft in listiger Bescheidenheit, zu der auch die gern kolportierte Geschichte gehört, der alte Herr bringe sich für die Mittagspause stets Butterbrote mit.

Immerhin einen Unternehmenssprecher leistet man sich seit rund drei Jahren. Chef des Ganzen aber war und blieb Erich Schumann, vor allem nachdem sich sein Sparringspartner Günther Grotkamp 1999 aus dem aktiven Tagesgeschäft zurückzog. Beide repräsentierten die WAZ-Gründerfamilien Brost (Schumann) und Funke (Grotkamp) – und wurden selbst dynastische Nachfolger der besonderen Art: Erich Brost hatte 1985 seinen Namensvetter Schumann kurzerhand adoptiert. Grotkamp verband sich per Heirat mit der Familie Funke – der anderen WAZ-Hälfte. Schumanns Anteile fallen nun an Verlegerwitwe Anneliese Brost zurück.

Schumann und Grotkamp bauten die WAZ-Gruppe zur führenden Regionalzeitungsgruppe in Deutschland aus, zu den Stammtiteln im Ruhrgebiet (WAZ, WR, NRZ, WP, IKZ) kam nach 1990 als zweites Standbein Thüringen (TA, TLZ, OTZ). Dann folgte 1999 der Sprung nach Österreich (Kronenzeitung, Kurier) – und von dort nach Osteuropa und auf den Balkan, wo die WAZ-Gruppe heute in vielen Ländern die Zeitungs- und Zeitschriftenmärkte beherrscht.

Dort fand Schumann auch den Mann, der 2002 zum Geschäftsführer auf Seiten des Brost-Clans wurde: Bodo Hombach, Ruhrgebiets- wie SPD-Urgestein, Kanzleramtsminister in der ersten Regierung Schröder, später Balkanbeauftragter der EU. SPD-nah war auch Schumann, schließlich hatte der gelernte Rechtsanwalt der Partei sogar als Syndikus gedient und auch schon mal für Willy Brandt Reden geschrieben. Doch eine private Spende von damals 800.000 Mark an die nach dem Bimbes-Skandal klamme CDU seines Freundes Helmut Kohl brachte Schumann auf Kollisionskurs mit seiner Partei.

Vor allem Hombach kommt nun eine Schlüsselrolle bei der WAZ zu – denn die dem Funke-Clan zustehenden Geschäftsführerposten sind de facto vakant. Zu allem Überfluss ist man sich im Hause Funke auch noch herzlich uneins über die Prozedur, nachdem bei WAZens Gewinne ausgeschüttet werden. Dies blockiert den Gesamtkonzern, morgen wollten die Streitparteien vor dem Oberlandesgericht Hamm weiter prozessieren. Ob es nun bei diesem Termin bleibt, war gestern noch unklar.

„Ich werde, wenn Gott will und es mir Spaß macht, noch ein paar Jahre bleiben und dann erst ausscheiden“, hatte Erich Schumann Ende 2001 im taz-Interview gesagt. Am Sonntag ist er nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.