Ende des Agrarstreits in Sicht

EU und USA vor einer Einigung. Chance auf Wiederaufnahme der WTO-Verhandlungen

BERLIN taz ■ Eine Einigung im Agrarstreit zwischen der EU und den USA scheint in greifbare Nähe zu rücken – und damit auch eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein neues Welthandelsabkommen. Im Vorfeld des am Mittwoch beginnenden Weltwirtschaftsforums in Davos sollen sich beide Seiten zu einem nennenswerten Abbau von Zöllen und Subventionen für landwirtschaftliche Produkte bereit erklärt haben, meldet die britische Financial Times. Die Europäer wollen demnach ihre Zollbarrieren gegen Agrarimporte aus Nicht-EU-Ländern um durchschnittlich 54 Prozent senken. Im Gegenzug würden die USA ihre Agrarbeihilfen von jährlich 19 auf 17 Milliarden Dollar abbauen.

„Wir versuchen, an die äußersten Grenzen dessen zu gehen, was möglich ist, ohne über eine Klippe zu stürzen“, sagte einer der Beteiligten. Man sei sich bewusst darüber, dass mit massivem Widerstand zu rechnen ist, vor allem aus Frankreich mit seiner starken Bauernlobby.

Ein britischer Diplomat schätzte die Chancen auf eine Einigung auf 60 zu 40. Sie ist eine Voraussetzung dafür, dass es mit den seit Monaten auf Eis liegenden Verhandlungen in der Welthandelsorganisation (WTO) weitergeht. Die 2001 gestartete sogenannte Doha-Runde soll unter anderem den Entwicklungsländern besseren Zugang zu den Agrarmärkten des Nordens geben. Die Industrieländer fordern dafür vom Süden eine Marktöffnung für ihre Industrieprodukte und Dienstleistungen.

Die inoffiziellen Wortführer der Entwicklungsländer, Brasilien und Indien, führen nun ihrerseits Gespräche. Brasilien hatte zuvor schon mit der EU verhandelt. In Davos wollen Politiker die Diskussion weiterführen, aber keine offiziellen Statements machen. Der britische Premier Tony Blair hofft nach Angaben der Zeitung The Guardian auf eine Wiederaufnahme der WTO-Verhandlungen schon im kommenden Monat.

Bei kleineren Entwicklungsländern wächst indes die Sorge, dass ihre Interessen unberücksichtigt bleiben, wenn die Großen einen Deal untereinander aushandeln. Ohne ein Entgegenkommen der Industrieländer gegenüber dem Süden dürfte es wohl kaum zu einer Einigung in der WTO kommen, räumte Blair ein. NICOLA LIEBERT