Investoren stehen Schlange

Der Liegenschaftsfonds verkauft immer mehr städtische Immobilien. Das freut den Finanzsenator, Weddinger Künstler aber fürchten um ihre Ateliers im Kiez. Für die kämpft nun Exkultursenator Flierl

von Nina Apin
und Richard Rother

Berlin wird derzeit für Immobilienkäufer immer attraktiver. Was Mieter nicht zu Unrecht ängstigt, freut den obersten Kassenwart der Stadt, Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), umso mehr. Denn der Liegenschaftsfonds, der städtische Immobilien vermarktet, erzielt unter diesen Bedingungen deutlich höhere Einnahmen als erwartet.

Im vergangenen Jahr hat der Fonds 637 Immobilien verkauft und damit 201 Millionen Euro eingenommen. Rund 171 Millionen Euro führte der Fonds an den Landeshaushalt ab. Die Differenz zwischen Erlös und Abführung erklärt sich aus einer zeitlichen Verzögerung zwischen Verkaufsabschluss und Überweisung des Verkaufserlöses. Alles in allem benötigt der Fonds, in dem 130 Mitarbeiter beschäftigt sind, vier bis sechs Prozent der Erlöse für sich – und liegt damit nach eigenen Angaben im unteren Bereich üblicher Maklerhonorare.

Seit seiner Gründung 2001 hat der Fonds durch den Verkauf städtischer Immobilien rund 940 Millionen Euro an den Landeshaushalt abgeführt. Dies sei ein wichtiger Beitrag für den Abbau der Verschuldung, sagte gestern Klaus Teichert, Finanzstaatssekretär und Aufsichtsratschef des Fonds. Wichtiger als die Erlöse seien die Investitionen, die durch den Verkauf ausgelöst worden seien – bislang rund 8 Milliarden Euro. „Das sind Investitionen in die Zukunft.“

Umstritten ist allerdings das Vorhaben des Fonds, nun erstmals 45 Immobilien im Paket zu verkaufen. Dabei werden attraktive und weniger attraktive Flächen gebündelt, um auch Letztere loszuwerden. Das Bieterverfahren dafür werde Ende Januar mit der Abgabe verbindlicher Angebote enden, sagte der Geschäftsführer des Fonds, Holger Lippmann. Wenn dieser Verkauf ein Erfolg werde, würden weitere Pakete geschnürt.

Bei dem Paketverkauf gibt es einen erbitterten Streit um die Künstlerateliers auf dem Rotaprint-Gelände im Wedding. Auf dem in zwei Teile geteilten Gelände des ehemaligen Druckmaschinenherstellers Rotaprint arbeiten auf rund 10.000 Quadratmetern Künstler, Gewerbetreibende, Initiativen und Verbände. Den Verkehrswert für die sanierungsbedürftigen Gebäude in der Wiesenstraße setzte der Fonds auf 590.000 Euro fest. Eine utopische Summe, wie Bezirkspolitiker kritisieren. Die Sanierungskosten für die denkmalgeschützten Gebäude, die auf schadstoffbelastetem Boden stehen, wären so hoch, dass mehr als 130.000 Euro nicht gerechtfertigt wären. Der überhöhte Verkehrswert, so die Befürchtung der Betroffenen, ist eine Einladung zum Abriss. Die teure Bodensanierung bliebe an Berlin hängen, der Investor könnte auf unbelastetem Grund neu bauen.

Für die Ateliers, die der Bezirk erhalten will, bedeuten die Verkaufspläne des Fonds das Aus. Dabei haben die ansässigen Künstler sogar ein realistisches Kauf- und Sanierungskonzept vorgelegt. Senatsmitglieder wie der ehemalige Kultursenator und jetzige Vorsitzende des Stadtteilausschusses Thomas Flierl (Linkspartei) fordern inzwischen den Liegenschaftsfonds auf, die Grundstücke aus dem Paket herauszulösen. Der um Vermittlung gebetene Kulturbeauftragte Klaus Wowereit (SPD) hat sich bisher nicht geäußert. Am 31. Januar wird der Fall im Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt.

Nichts mehr im Wege steht dagegen der Errichtung des Riesenrades am Zoo. Es sei laut Staatssekretär Teichert eines der wichtigsten Projekte, spätestens Anfang 2009 rechne er mit der Inbetriebnahme.

Auch in diesem Jahr erwartet der Fonds ein lebhaftes Verkaufsgeschäft. Dass der Senat die Grunderwerbsteuer anhob, stört den Immobilienmarkt also kaum – erhöht aber die Landeseinnahmen. Die wichtigsten Objekte, die 2007 vermarktet werden, sind Grundstücke am Hauptbahnhof und der so genannte Diplomatenpark am Tiergarten, wo neue Botschaften entstehen sollen.