USA fahren Doppelstrategie in Somalia

Militärschläge gegen flüchtige somalische Islamisten, zugleich Dialog mit ihrem politischen Führer

BERLIN taz ■ Nach dem Sturz der Islamisten in Somalia durch eine US-unterstützte äthiopische Militärintervention fahren die USA dort eine mehrgleisige Strategie. Einerseits jagen sie radikale Islamisten. Andererseits drängen sie eine unwillige somalische Regierung zum Dialog mit den einstigen Machthabern.

Offizielle Stellen in Washington bestätigten am Mittwoch, dass die US-Luftwaffe am Montag erneut Luftangriffe im äußersten Süden Somalias nahe der kenianischen Grenze geflogen hat. „Es ging nicht um Al-Qaida-Typen“, sagte ein von AFP zitierter anonymer Verantwortungsträger. Ziele seien weniger wichtige Personen gewesen. Bereits am 8. Januar hatte ein US-Flugzeug vermutete islamistische Stellungen in Südsomalia bombardiert, es gab zahlreiche Tote. Die USA hatten dies mit der Jagd auf Anführer al-Qaidas in Ostafrika begründet.

Hartnäckig halten sich auch Berichte über US-Bodentruppen im Kampfgebiet. Journalisten in Äthiopien haben von US-Soldaten in den Basen der äthiopischen Armee berichtet. Ein somalischer Korrespondent von Reuters TV meldete letzte Woche, er habe beim äthiopischen Kontingent im somalischen Dorf Kuldio nahe des islamistischen Rückzugsgebietes Ras Kamboni 30 weiße Soldaten gesehen, teils mit Abzeichen der US-Marines. Man habe ihm verboten, sie zu filmen. Die Website der somalischen Islamisten, www.qaadisiya.com, hatte zuvor berichtet, islamistische Kämpfer in Somalia hätten zehn US-Soldaten gefangen genommen. Die Anwesenheit von US-Spezialkräften im unruhigen kenianisch-somalischen Grenzgebiet ist schon mehrfach berichtet worden.

Zugleich treibt der auch für Somalia zuständige US-Botschafter in Kenia, Michael Ranneberger, die Einbindung der somalischen Islamisten in den politischen Versöhnungsprozess des Landes voran. Er traf sich am Dienstag in Kenias Hauptstadt Nairobi mit dem flüchtigen einstigen Führer des Exekutivrates der Islamischen Gerichte Mogadischus, Sheikh Ahmed, der sich gerade den kenianischen Behörden gestellt hatte. Nach US-Angaben riet der US-Diplomat dem Islamistenführer, seine Anhänger zum Frieden aufzurufen.

Dass dieses Treffen überhaupt stattfand, ist bemerkenswert, denn Somalias Übergangsregierung lehnt jeden Kontakt zu Sheikh Ahmed ab. „Die US-Ziele in Somalia sind zweierlei“, erklärte Ranneberger diese Woche der Wochenzeitung East African. „Wir wollen Sicherheit am Boden haben, und das bedeutet, die ausländischen Terroristen mit Verbindungen zu al-Qaida auszuschalten, die in Somalia operiert haben. Zum Zweiten wollen wir Stabilität in Somalia fördern, und das geht nur mit einer Regierung auf breiter Basis. Daran haben wir gearbeitet.“

Ranneberger steht in der US-Afrikadiplomatie für einen kontroversen Kurs: Die Annäherung an die Regierung des Sudan, das ansonsten von US-Stellen eines Völkermords in Darfur bezichtigt wird. 2002–2004 und erneut Anfang 2006 war Ranneberger US-Sonderbeauftragter für Sudan. Dessen Präsident Omar al-Bashir versprach damals, Sudans radikale Islamisten aus seiner Regierung zu entfernen und sich zum Partner der USA im „Krieg gegen den Terror“ zu machen. US-Berichten zufolge arbeiten die Geheimdienste der USA und Sudans seitdem in Somalia eng zusammen. Sie haben in Somalias Islamisten einen gemeinsamen Feind: Die ließen sich von Eritrea aufrüsten, das zugleich die Darfur-Rebellen unterstützt.

Somalia als Testfall einer US-sudanesischen Annäherung – das könnte auch erklären, wieso der US-Druck auf Sudan zu einer Kursänderung in Darfur in den letzten Wochen nachgelassen hat. Offenbar ist Somalia jetzt wichtiger. Gegenüber dem somalischen Rundfunksender Shabelle erklärte US-Botschafter Ranneberger diese Woche: „Die USA werden hier für eine sehr lange Zeit involviert bleiben. Wir kommen, um zu bleiben.“

DOMINIC JOHNSON