fußschalter von EUGEN EGNER
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Nachfolgend zitiere ich aus einer E-Mail, die mir kürzlich zuging und im Odner „Spamverdacht“ landete (als Absender war ein gewisser Müller genannt, gewiss ein Pseudonym). Neugierig, wie ich bin, habe ich die Nachricht gelesen und dies auch nicht bereut. Hier nun der Text:

„An dieser Stelle möchte ich allen danken für meine Wiederwahl zum Prokuristen der Sebaldschen Fußschalter-Werke. Zuerst wollte ich die Wahl nicht annehmen (wegen der Steuer), dann ließ ich mich doch erweichen. Jeden Morgen muss ich nun zu dem zugigen Hangar auf dem Eisfeld, wo der Fußschalter-Stützpunkt ist. Den Stützpunkt muss man sich als der Fabrik vorgelagert vorstellen, obschon beide in dem Hangar untergebracht sind, wo auch ich ein kleines Büro habe. Dieses Büro, eigentlich bloß ein Kabinettchen, ist so klein, dass man meinen möchte, ich passte nur ohne meine Prokura hinein und müsste sie vor dem Eintritt jedes Mal ablegen. Aber so verhält es sich in Wirklichkeit natürlich nicht. Gerade im Büro brauche ich doch meine Prokura! Wie könnte ich sonst pausenlos etwas unterschreiben, und zwar dauernd etwas anderes! Ein Außenstehender macht sich keine Vorstellung davon, wie vielfältig meine Aufgaben sind. Worum muss ich mich nicht alles kümmern!

Und was muss ich nicht alles wissen! In erster Linie muss ich natürlich mit den unterschiedlichen Eigenschaften der Fußschalter vertraut sein. Behaupte nur niemand: ‚Fußschalter ist Fußschalter‘! Kein Fußschalter ist wie der andere. Das Spektrum ist enorm, schier unüberschaubar. Man kann sich auf nichts verlassen. Doch nicht ausschließlich für solche produktionstechnischen Fragen bin ich zuständig. Auch die Firmen-Philosophie fällt in meinen Tätigkeitsbereich und selbstverständlich die Geschichte des Unternehmens. Unser Seniorchef, der alte Sebald, hat es einst gegründet, nachdem er selbst große Schwierigkeiten beim Kauf eines Fußschalters gehabt hatte. Kürzlich ist mir Ähnliches widerfahren, als ich einen Fußschalter bei einem bekannten Versandhaus bestellen wollte (ich vergesse manchmal noch, dass ich ja sozusagen selbst welche herstelle). Es ergaben sich enorme Probleme, an denen zuletzt die ganze Bestellung scheiterte. Zum Glück war bzw. bin ich letzten Endes nicht auf solche Bestellungen angewiesen.

Es gibt da allerdings noch etwas. In dem Landstrich, wo wir die Fußschalter-Fabrikation betreiben, haben die Mädchen sehr große Penisse. Es ist erstaunlich – der der Frau, mit der ich, na, sagen wir, ein Verhältnis habe, ist größer als mein eigener , wozu allerdings in meinem Alter und meiner Position nicht allzu viel gehört. Nun gut, diese Dinge mögen von einem gewissem Interesse sein, doch Mittelpunkt meines Lebens ist und bleibt der Fußschalter. Da mutet es denn wie ein Hohn an, dass ich, der ich in meiner Doktorarbeit Berechtigung und Bedeutung des Fußschalters im Zeitalter der Fernbedienung herausgestellt habe, neuerdings privat viel stärker zur Fernbedienung neige. Die Wichtigkeit, die Letztere für mein Leben gewonnen hat, erschreckt mich nahezu. In der Nordstadt soll es einen kleinen Laden geben, wo man jede Fernbedienung der Welt bekommen kann. Ich werde das überprüfen.“