der wochenendkrimi
: Feel the Feierabendpils

„Ein starkes Team: Stumme Wut“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF

Die Zeiten sind härter geworden, man muss sich was einfallen lassen. Der Toilettenmann, der kurzzeitig in Verdacht gerät, hat seinen Arbeitsplatz nicht verlassen. Die Leute würden ja nichts geben, wenn er sich nicht am Eingang postierte: „Sie versaufen ein Vermögen, aber beim Pissen fangen sie an zu sparen.“ Wenn das ganze Land so fintenreich Hartz IV zu entkommen versucht, dürfen auch Luden nicht zurückstehen: Bordellbetreiber Hecker (Michael Roll) verkauft die Versteigerung von Frauen an andere Berliner Zuhälter zynisch als neuen Weg der Arbeitbeschaffungsmaßnahme und präsentiert sich dabei wie ein Conférencier des Privatfernsehens.

„Ein starkes Team“ ist nicht unbedingt ein Prestigeobjekt des ZDF. Die Schauspieler reißen hier fleißig ihre Schichten runter, die Milieubeschreibungen gehen in ihrer Analyse selten übers Handelsübliche hinaus. Doch aus der zweiten Liga des ZDF-Krimibetriebs, also irgendwo zwischen „Siska“ und „Stubbe“, ist uns das Berliner Team um Florian Martens und Maja Maranow am liebsten. Denn ins Ermittlereinerlei, das hier so redlich daherkommt wie das Feierabendpils von Otto und Verena (der Sender nennt sie stets nur beim Vornamen), schmuggeln sich dann doch der eine oder andere proletarische Witz und gelegentlich auch ein etwas komplexerer Plot.

In der aktuellen Folge (Regie: Daniel Helfer, Buch: Birgit Grosz) werden die Kiezgeschäfte jedenfalls recht schlüssig mit einem verjährten Kindesmissbrauch verzahnt: Ein Junge wurde einst von seinem Vater geschlagen und weggesperrt; Nachbarn, Jugendamt und Richter sahen und hörten nichts. Nun werden sie nach und nach brutal auf ihre Versäumnisse aufmerksam gemacht. So wird eine Backstubenbesitzerin auf ihren Backtisch und gefesselt und eine Nacht lang über Kopfhörer mit Howard-Carpendale-Liedern gefoltert. Der Menschenhandel und der Missbrauch fügen sich zum grundsoliden Großstadtkrimi.

Sollen sie doch woanders experimentieren, hier wird routiniert ermittelt. Denn wohin all das Ausprobieren führen kann, zeigt sich beim ZDF-Dauerbrenner „Ein starkes Team“ am Unterschichten-Entrepreneur Sputnik (Jaecki Schwarz), der ungefähr alle drei Folgen eine neue Gastranomie-Idee verwirklicht. Sein jüngstes Kind hat er „Feel und Food“ getauft; gestresste Großstädter werden von (natürlich korrekt angestellten) Thailänderinnen massiert und mit Gemüse-Cocktails aufgeputscht. Wie bedrohlich jede Art der Veränderung ist, wird klar, als Sputnik, dieser Inbegriff eines findigen Ich-AGlers, die Stammkundschaft zum Begrüßungstrunk einlädt: „Nur Vitamin-Drinks, Bier is’ nicht.“ CHRISTIAN BUSS