BRANDENBURG: NICHT NUR DIE CDU WIRD SCHÖNBOHM NOCH VERMISSEN
: Rückfall in die Neunziger

In der brandenburgischen CDU ist schon jetzt passiert, was die CSU in Bayern für den Herbst befürchtet: Ein monatelanger Machtkampf um den Vorsitz geht mit einem äußerst knappen Ergebnis zu Ende und hinterlässt eine hoffnungslos gespaltene Partei. Der Unterschied ist nur, dass anderenorts Flügelkämpfe entweder in dem Glauben geführt werden, die Mehrheit sei sowieso nicht in Gefahr. So ist es bei den Christsozialen. Oder aber in der Gewissheit, sie sei ohnehin nicht zu erringen – wie derzeit bei Hamburgs SPD, die sich einen ähnlich heftigen Führungskampf liefert.

In Brandenburg kommt aber noch etwas Weiteres hinzu. Schnüffeleien unter Parteifreunden, dubiose Abstimmungstricks im Landesvorstand, Vermischung von privaten und politischen Interessen. Das alles hat Exgeneralsekretär Sven Petke in einem Ausmaß betrieben, das selbst in Bayern kaum denkbar wäre. Trotz dieser Machenschaften ist er am Wochenende nur knapp unterlegen – in der brandenburgischen CDU wird also weiterhin nichts ohne ihn gehen. Das macht die Partei auch und gerade für ihre bürgerliche Stammklientel eigentlich unwählbar.

Den Schaden hat nicht nur die CDU, was zu verschmerzen wäre, sondern das Land Brandenburg als Ganzes. Der SPD droht ein Rückfall in die Verhältnisse der Neunzigerjahre, als Quasimonarch Manfred Stolpe das Land als sein Eigentum betrachtete und vor lauter salbungsvollen Worten das Regieren ganz vergaß. Allein die Ausstrahlung des wirtschaftlich nicht minder maroden Berlin hübschte die Potsdamer Bilanzen auf.

Erst als Jörg Schönbohm 1998 den CDU-Landesvorsitz übernahm und die Christdemokraten zu einem ernstzunehmenden Machtfaktor machte, kamen die Sozialdemokraten auf Trab. Darin, und weniger in eigenem Regierungshandeln, besteht Schönbohms historisches Verdienst um das zu weiten Teilen verödete Berliner Umland. Bricht nach Schönbohms Abgang bei den Christdemokraten wieder das Chaos aus, droht die SPD – und damit die gesamte Landespolitik – in ihre alte Lethargie zurückzufallen. RALPH BOLLMANN