Kneipengast eiskalt abserviert

Ein Kameruner wird in einer Kreuzberger Kneipe vor die Tür gesetzt. Begründung: Ausländer würden dort nicht bedient. Schmerzensgeld will der Inhaber der Kneipe nicht bezahlen. Er sei sich keiner Schuld bewusst, sagt er vor Gericht

Andreas M.* ist sichtlich gereizt. „Ich zahle doch nicht für etwas, was ich nicht getan habe!“, ruft der langhaarige, schlaksige Mann im Verhandlungsraum des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg. „Hier geht es sowieso nur um Geld!“ Doch da irrt er sich. Es geht um die Frage, ob sich M. als Gastwirt eines Lokals seine Gäste aussuchen und manchen Menschen aufgrund ihres Aussehens den Eintritt verwehren darf.

Im September 2004 hatte sich die Thekenkraft des Kneipenbetreibers geweigert, einen dunkelhäutigen Gast zu bedienen. Unter dem Vorwand, es handele sich um eine geschlossene Gesellschaft, verwies sie ihn aus der Kreuzberger Eckkneipe. Doch als der aus Kamerun stammende Patrick A.* von anderen Gästen erfuhr, dass von geschlossener Gesellschaft keine Rede sein könne, wollte er sich beschweren. Daraufhin erklärte ihm die Angestellte, für ihn gebe es keinen Platz in dem Lokal.

Der 36-jähriger Kameruner erstattete Anzeige wegen Beleidigung. „Ich war fassungslos, in Deutschland so direkt diskriminiert zu werden“, sagt A. Die Thekenkraft wurde bereits im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt. „Ich darf Ausländer nicht bedienen, das ist die Politik der Geschäftsleitung“, entschuldigte sie sich vor Gericht.

Wegen offener Diskriminierung hat Patrick A. nun zivilrechtlich geklagt. Seine Anwältin hat 800 Euro Schmerzensgeld beantragt. Gestern stand deswegen das Inhaber-Ehepaar vor dem Amtsgericht.

Ziel der Verhandlung ist eine gütliche Beilegung. Von Einvernehmlichkeit kann jedoch keine Rede sein. Andreas M. macht seinem Ärger lautstark Luft. Er sieht nicht ein, dass er etwas falsch gemacht haben soll. Dass er Ausländer in seiner Gaststätte generell nicht dulde, leugnet er. Schließlich verweist er auf sein Hausrecht als Kneipier. In seinem Geschäft könne er machen, was er wolle. Auch der Hinweis der Richterin, das Gericht könnte in einem eröffneten Zivilverfahren ein höheres Schmerzensgeld als jetzt gefordert festlegen, bringt M. nicht zum Einlenken. Die Güteverhandlung scheitert. Wutschnaubend eilen Andreas M. und seine Frau aus dem Gericht. Er und der Kläger werden sich noch mal vor Gericht treffen – wann, ist noch unklar.

„Es geht mir nicht um das Geld. Ich möchte ein Zeichen setzen“, erklärt Patrick A., der seit 1999 in Deutschland lebt. Diskriminierung in Kneipen kommt häufig vor, aber kaum ein Geschädigter klagt, sagt seine Anwältin. „Viele sehen keine Möglichkeit, rechtliche Mittel zu ergreifen.“ Kein Wunder: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Diskriminierungen verbietet, ist erst im August in Kraft getreten. Vorher hätten sich Kläger höchstens auf Völker- und Personenrecht beziehen können – und das ist Auslegungssache. „Man weiß nicht, was schockierender ist“, sagt A. „Die Fälle von offener Diskriminierung oder die Tatsache, dass es erst seit letztem Jahr ein Gesetz dagegen gibt.“ NANA GERRITZEN

* Name geändert