Attentat im Badeort

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Explosionen, Rauch, Blut und zerrissene Körperteile sind für die Stadt Eilat kein gewohnter Anblick. Zum ersten Mal seit Beginn der Intifada gelang es einem palästinensischen Selbstmordattentäter, sich Zugang zu dem israelischen Badeort am Roten Meer zu verschaffen. Er soll von Jordanien aus dorthin gelangt sein. Der Anschlag kam so unerwartet, dass der Mann, der trotz sommerlicher Temperaturen einen Mantel trug, keinen Verdacht auf sich zog. Die drei Opfer, die der Attentäter gestern Vormittag in einer Bäckerei mit in den Tod riss, tranken nichts ahnend Kaffee, als er den Sprengstoff zündete.

Der Islamische Dschihad, die Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden und eine bislang unbekannte Gruppe, die sich „Armee der Gläubigen“ nennt, übernahmen die Verantwortung für den ersten Anschlag in Israel seit April letzten Jahres. In einer Bekennernachricht des Islamischen Dschihad heißt es, dass der Anschlag darauf abziele, die internen Konflikte der Palästinenser beizulegen. Seit vergangenem Freitag starben 33 Menschen bei den Kämpfen im Gaza-Streifen. Sollte es gelingen, Israels Armee mit dem Attentat zu einer erneuten Invasion zu provozieren, könnte es zu einer vorübergehenden Beruhigung der Schlachten zwischen Hamas und Fatah kommen.

Vorläufig gibt es keine derartigen militärischen Pläne. Regierungssprecherin Miri Eisen hielt es bis gestern Nachmittag „für verfrüht, über mögliche Reaktionen zu reden“. Der rechtsnationale Abgeordnete Arie Dan forderte lediglich, die Kontakte zu Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auszusetzen. Anfang Februar will sich Premier Ehud Olmert unter Beisein von US-Außenministerin Rice zum dritten Mal in zwei Monaten mit Abbas treffen. Die USA forderten die Palästinensische Autonomiebehörde auf, künftig derartige Anschläge wie den in Eilat zu unterbinden. Sie gefährdeten das Streben der Palästinenser nach einem eigenen Staat.

Paradoxerweise verurteilte die Fatah das Attentat, obschon es sich bei dem 21-jährigen Täter aus Gaza, polizeilichen Ermittlungen zufolge, um einen Aktivisten der Fatah handelt, was dem Bekenntnis der Al-Aksa-Brigaden die höchste Glaubwürdigkeit verleiht. Umgekehrt begrüßte die Hamas die Bombenexplosion, die auch eine „Reaktion auf den Boykott gegen die palästinensische Regierung“ sei, so Fausi Barhum, ein Sprecher der Bewegung. Außerdem sei „es richtig, die Fatah-Waffen auf die Besatzung zu richten und nicht auf die Hamas“. Die Hamas sieht seit ihrer Verpflichtung zum Waffenstillstand vor knapp zwei Jahren von Attentaten in Israel ab.

Erst vor einer Woche war Abbas mit seinem politischen Gegenspieler Chaled Meschal, dem in Damaskus ansässigen Chef des Hamas-Politbüros, zusammengekommen und hatte mit ihm eine innerpalästinensische Waffenruhe vereinbart. Wie jedes Mal, wenn nach einer Verhandlungsrunde von Hamas und Fatah die Fortschritte gepriesen werden, war das Ergebnis genau gegenteilig. Am Wochenende kam es zum schlimmsten Gewaltausbruch seit den Parlamentswahlen vor einem Jahr, die die Hamas überraschend für sich entschied.

Bei den Entführungen am helllichten Tag, den Schlachten auf offener Straße und öffentlichen Hinrichtungen sind die bewaffneten Flügel beider Bewegungen längst nicht mehr unter sich, sondern werden zunehmend auch von den uniformierten Sicherheitstruppen unterstützt. Die Schulen und Universitäten im Gaza-Streifen sind seit Sonntag geschlossen.

Abbas und Meschal reagierten am Sonntag positiv auf die Initiative des saudi-arabischen Königs Abdullah, der ein Gipfeltreffen in Mekka einberufen will, um das Blutvergießen unter den Glaubensbrüdern zu beenden. Diesmal wollen sie aber nicht selbst reisen, sondern je eine Delegation schicken. Der Termin blieb zunächst offen.