„2014 ist ohne Kündigungen nicht machbar“

Die Bergbausubventionen sollten umgewidmet statt eingestellt werden, sagt Umweltökonomin Claudia Kemfert

taz: Frau Kemfert, NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers will nun bereits 2014 aus der Steinkohleförderung aussteigen. Geht das ohne betriebsbedingte Kündigungen?

Claudia Kemfert: Ich halte das für nicht machbar, und fast alle Gutachten bestätigen das. Ich wundere mich sehr, dass Rüttgers den gerade gefundenen Kompromiss in Frage stellt.

Das Durchschnittsalter der Kohlekumpel liegt bei 40 Jahren. Wie sehen die Perspektiven für diese Leute aus?

40 Jahre gilt ja als magisches Alter, in dem man noch eine Umschulung beginnen kann. Realistischerweise haben aber nur die unter 30-jährigen Bergleute eine Chance, im Dienstleistungs- oder Mediensektor unterzukommen. Einige könnten vielleicht in die Braunkohlegebiete geschickt werden, die Masse aber nicht.

Rüttgers hat versprochen, dass die eingesparten Subventionen im Ruhrgebiet bleiben. Was könnte getan werden?

Es reicht nicht, darauf zu hoffen, dass der Strukturwandel alles richtet. Außerdem wäre es dumm, das Know-how der Leute einfach brachliegen zu lassen. Es wäre besser, diese Menschen an der Entwicklung neuer Bergbau- und Kraftwerkstechniken zu beteiligen.

Und dafür würden Sie bis 2018 weiter Milliarden an Subventionen ausgeben?

Ich verstehe das Argument, dass die Subventionen runter müssen – solange sie für Kohleabbau in der jetzigen Form ausgegeben werden. Allerdings spricht niemand davon, dass man die Subventionen umwidmen könnte. Wenn das Geld richtig eingesetzt wird, könnte man in 10 oder 15 Jahren das Kohlendioxid bei der Kohleverbrennung abscheiden und so umweltfreundlich Strom produzieren.

Nur umweltfreundlich – oder auch wirtschaftlich?

Es ist zwar teuer, die Risiken einer solchen Technik und die Lagerstätten für CO2 zu erforschen – aber das ist besser als ein energiewirtschaftlich sinnloser Kahlschlag. CO2-arme Kraftwerke wären in China und anderswo sicher ein Renner. Das wäre eine Zukunftschance für die deutsche Steinkohle.

Braucht es dafür einen Sockelbergbau, wie ihn die SPD gefordert hat?

Nein. Es reicht, wenn ein oder zwei Forschungsstollen offen bleiben.

INTERVIEW: KLAUS JANSEN