Gewaltwelle auch in Fußballdeutschland

In den Amateurligen können vielerorts die Spiele nur noch mit Hilfe der Polizei durchgeführt werden

Vor allem in der unteren Ligen kam es immer wiederzu Auseinandersetzungen

BERLIN taz ■ Schläge und Tritte von Fans des TSV 1860 München gegen Polizei und gegnerische Anhänger beim Zweitligaspiel in Augsburg, Randale und handfeste Auseinandersetzungen am Rande eines Regionalligaduells zwischen Hertha BSC Berlin II und Dynamo Dresden, rassistisch inspirierter Hooliganismus auf den Rängen beim EM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Slowakei in Bratislava. Die Saison 2006/07 hatte gerade erst begonnen, da schwappte eine Welle der Gewalt über ganz Fußballdeutschland.

Vor allem in den unteren Ligen, von der Regionalliga an abwärts, kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Die Duelle sogenannter Traditionsklubs, die trotz sportlicher Bedeutungslosigkeit noch über einen relativ großen Anhängerstamm verfügen, konnten nur mit großen Polizeiaufgeboten halbwegs sicher durchgeführt werden.

Ganz unten, auf Kreis- und Bezirksebene, wurde indes ein weiteres Problem offensichtlich. Spieler gingen aufeinander los. Betreuer, Zuschauer und Fußballer wurden gegen Schiedsrichter handgreiflich. Im Kreis Siegen-Wittgenstein sah sich der Spielleiter veranlasst, einen gesamten Kreisligaspieltag abzusagen.

Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), hat das Thema Gewalt schnell zur Chefsache erklärt. Der DFB hat eine Task-Force gegen Gewalt und Rassismus im Fußball ins Leben gerufen. Zwanziger ist der erste DFB-Chef, der nicht versucht hat, das Thema zu marginalisieren, und hat damit einen neuen Kurs eingeschlagen.

Mit Helmut Spahn, der im WM-Organisationskomitee für das Thema Gewalt zuständig war, hat der DFB einen hauptamtlichen Sicherheitsbeauftragten berufen. Weil viele Auseinandersetzungen in den unteren Ligen rassistisch motiviert sind oder ethnische Konflikte gewalttätig auf dem Fußballfeld ausgetragen werden, wurde mit Gül Keskinler eine ehrenamtlich tätige Integrationsbeauftragte in den Vorstand des DFB berufen. Theo Zwanziger ist sich der gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs bewusst. Er sagt aber auch: „Wir sind nicht die Reparaturwerkstatt des deutschen Volkes.“ ANDREAS RÜTTENAUER