unterm strich
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Vermutlich hat ihm seine Zeit bei diversen Kirchenbands geholfen, in denen Joe Hunter schon während der Fünfzigerjahre die Orgel spielte. Denn sich unterzuordnen für ein höheres Ziel, anders lässt sich kaum formulieren, was ein Musiker gefühlt haben muss, der bald ein Jahrzehnt lang der Pianist und Bandleader bei Motown war – wohl wissend, dass nur die singenden Stars im Vordergrund standen. Marvin Gaye, Supremes, Stevie Wonder oder Smokey Robinson & The Miracles leuchten noch heute hell am Firmament des Soul. Aber wer kennt schon die Funk Brothers von Joe Hunter, die auf praktisch allen Motown-Platten die Begleitmusik eingespielt haben?

Joe Hunter wurde am 19. November 1927 in Jackson, Tennessee geboren, bevor seine Familie zwölf Jahre später nach Detroit zog. Dort gründete er seine erste Band gemeinsam mit dem Jazz-Schlagzeuger Elvin Jones, dort begleitete er aber auch die frühen R&B-Hits von Hank Ballard & The Midnighters. Noch bekannter dürfte er allerdings mit dem im Stakkato gehämmerten Klavier auf Barrett Strongs „Money (That’s What I Want)“ geworden sein. Dieser Sound wurde zur Handschrift von Berry Gordys Motown-Label während der nächsten fünf, sechs Jahre, auf unzähligen Songs wie „Where Did Our Love Go?“ oder „Reach Out (I’ll Be There)“.

Doch für Plattenaufnahmen unter seinem eigenen Namen war kein Platz: Zwar legte sich Motown mit Jr. Walker & The Allstars eine eigene Instrumentalband zu; aber die Funk Brothers von Joe Hunter wurden von Gordy nicht nur sträflich vernachlässigt, sondern auch durch harte Verträge als Hausband ganz und gar an das Label gebunden (erst 2004 erschien eine CD mit ihren Stücken). Die Folge: Zwischenzeitlich verließ Hunter Motown und versuchte sich auf dem freien Markt als Pianist und Arrangeur. Dass er wieder zurückkehrte, lag an seiner Liebe zu den Funk Brothers. 1972 kam es endgültig zum Bruch, als die Gruppe von Gordy gefeuert wurde, nachdem das Label Richtung Los Angeles umgezogen war und sich dort discotaugliche Session-Musiker gesucht hatte. Jetzt ist Hunter mit 79 Jahren gestorben. Zuletzt war er in der Dokumentation „Standing In The Shadows Of Motown“ zu sehen gewesen.