USA verschärfen den Ton gegenüber Iran

Der Irak wird zunehmend zum Austragungsort des Konflikts zwischen den Regierungen in Washington und Teheran. Neben dem Streit um das Atomprogramm geht es um das Zurückdrängen des schiitischen Einflusses in der ganzen Region

VON BAHMAN NIRUMAND

Mit der Entführung eines iranischen Diplomaten in Bagdad hat sich das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Teheran und Washington weiter verschärft. Wie ein Sprecher der iranischen Vertretung mitteilte, stoppten am Sonntag mitten in Bagdad rund dreißig Männer in Uniformen der irakischen Armee den Wagen des zweiten Botschaftssekretärs, Dschalal Scharafi, und nahmen ihn mit.

Der Diplomat sei von Angehörigen einer irakischen Spezialeinheit festgenommen worden, die direkt den US-Streitkräften unterstehe, sagte ein irakischer Regierungsbeamter. Dem widersprach der amerikanische Militärsprecher Christopher Garver. An dem Vorfall sei keine Einheit beteiligt gewesen, die unter Kommando der USA stehe. Toni Snow, Sprecher des Weißen Hauses, behauptete: „Das Einzige, was wir wissen, ist, dass die irakische Regierung den Vorfall untersucht.“

Teheran legte scharfen Protest ein. Der Sprecher des Außenministeriums, Mohammad Ali Hosseini, verurteilte das Vorgehen als „ein Akt des Terrors und Verletzung des Völkerrechts“.

Bereits am 11. Januar hatten US-Truppen in der nordirakischen Stadt Erbil fünf Iraner festgenommen. Es habe sich um Revolutionsgardisten gehandelt, die dafür bekannt seien, regierungsfeindliche Gruppen im Irak mit Geld, Waffen oder technischen Kenntnissen, etwa zum Bau von Sprengsätzen, zu unterstützen, teilte die US-Armee in Bagdad mit. Dem widersprach Teheran und warf den USA vor, ein Gebäude angegriffen zu haben, das unter diplomatischen Status gestellt werden sollte. Die fünf Personen befinden sich weiterhin in US-Gewahrsam.

Die Vorfälle gehören offenbar zu der von Präsident George W. Bush angekündigten neuen Irakstrategie, die Unterstützung für „Feinde der US-Truppen im Irak“ durch Iran und Syrien stoppen zu wollen. Seitdem gilt der Befehl, verdächtige Iraner im Irak zu töten oder gefangen zu nehmen. „Kill or capture“ lautet die Anweisung des Präsidenten an die US-Soldaten im Irak.

Doch die neue US-Strategie geht weit darüber hinaus. Die Bush-Regierung scheint dazu entschlossen zu sein, Iran vollständig zu isolieren und das Regime durch immer härtere Sanktionen in die Knie zu zwingen. Dabei wird auch eine militärische Option nicht ausgeschlossen. Darauf deutet auch die neuerliche Entsendung von Patriot-Raketen und eines zusätzlichen Flugzeugträgers in die Golfregion. US-Verteidigungsminister Robert Gates bestritt, dass diese Maßnahmen Zeichen für die Bereitschaft Washingtons zu einer militärischen Konfrontation mit Teheran seien. „Wir wollen nur die Bedeutung dieser Region für die USA klarmachen und unsere Entschlossenheit unterstreichen, dort für lange Zeit präsent zu sein“, sagte Gates.

Warnungen an den Iran kamen auch von Vizepräsident Dick Cheney. Teheran fische mit seiner Unterstützung schiitischer Milizen „in gefährlichen Gewässern“, sagte er und warf der Regierung vor, „gewissen Kräften im Irak Sprengsätze“ geliefert zu haben. Der Sicherheitsberater im Weißen Haus, Stephen Hadley, schloss nicht aus, dass US-Truppen bis auf iranisches Territorium vordringen könnten, um Helfer von Aufständischen zu jagen.

Zu der neuen Strategie der USA, Irans Einfluss im Irak, Libanon und in Palästina zu unterbinden und das Land zum Nachgeben im Atomkonflikt zu zwingen, gehört auch, mit „moderaten“ arabischen Staaten wie Ägypten, Saudi-Arabien und den Emiraten eine gemeinsame Front gegen den Iran zu bilden. Am 17. Januar forderten die USA und sieben arabische Staaten in einer Erklärung den Iran auf, seine Einmischung in die Angelegenheiten Iraks zu beenden. Washington ist es offenbar gelungen, bestehende Ängste arabischer Herrscher vor einem Erstarken des schiitischen Irans zu schüren und die ohnehin bestehenden Differenzen zwischen Schiiten und Sunniten zu vertiefen. Dieselbe Strategie verfolgte offenbar auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Reise durch arabische Staaten.

Am 23. Februar läuft eine vom UN-Sicherheitsrat festgesetzte Frist im Atomstreit mit dem Iran ab. Dann sollen nach Wunsch Washingtons die bereits beschlossenen Sanktionen gegen den Iran verschärft werden. Teheran verhält sich nach wie vor unnachgiebig. Zum Jahrestag der Revolution am 11. Februar sollen, wie von Präsident Ahmadinedschad als „freudige Nachricht“ angekündigt, 3.000 neue Zentrifugen zur Urananreicherung in Betrieb genommen werden.