Jung: Unsere Tornados beschützen uns

Die Bundesregierung beschließt die Entsendung von sechs Aufklärungsflugzeugen nach Afghanistan. Für Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) ist das kein Kampfeinsatz, sondern eine Friedensmission par excellence

AUS BERLIN JENS KÖNIG

Es kam genau so, wie es sich in den zurückliegenden Tagen abgezeichnet hatte. Die Bundesregierung beschloss am Mittwoch, sechs Aufklärungsflugzeuge der Bundeswehr vom Typ Recce-Tornado nach Afghanistan zu entsenden. Der Umfang der Bundeswehrsoldaten, die zusätzlich zu den bereits 3.000 deutschen Kräften in Afghanistan stationiert werden, ist auf 500 begrenzt. Das Mandat gilt zunächst bis zum 13. Oktober 2007. Der Einsatz soll 35 Millionen Euro kosten. Im Falle einer Zustimmung des Bundestages sind die Luftwaffen-Tornados bereits Mitte April einsatzbereit.

So weit zu den bereits bekannten Fakten. Neu und aufschlussreich am gestrigen Tag war die Begründung des Tornado-Einsatzes durch den Bundesverteidigungsminister. Die damit verbundenen Visionen von Franz Josef Jung gingen weit über das hinaus, was das Schlagersternchen Nicole einst in ihrem Superhit „Ein bisschen Frieden“ besang. Nach der Überzeugung des Verteidigungsministers sorgt die Bundeswehr mit ihren Tornados nicht nur für ein bisschen Frieden am Hindukusch – schon bald dürfte sich eine schier himmlische Ruhe über Afghanistan legen. Der Einsatz diene dem Schutz „unserer Soldaten“, sagte Jung, dem Schutz der Zivilbevölkerung, dem Schutz der Wiederaufbauteams, dem Schutz der zivilen Helfer und am Ende sogar noch dem Schutz der amerikanischen Terroristenjäger im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF). Eine Friedensmission par excellence also.

„Aufklärung bedeutet zusätzlichen Schutz, Aufklärung ist nicht Kampfeinsatz“ – auf diese Lesart des Tornado-Einsatzes legte der Verteidigungsminister großen Wert. Befürchtungen, die Bundeswehr überschreite mit den Aufklärungsflugzeugen militärisch eine rote Linie und werde direkt in den Krieg im Süden des Landes verwickelt, bezeichnete Jung als „Falschmeldungen“. Wenn diese „Falschmeldungen“ aus der Welt geschaffen würden, dann stiege auch die Unterstützung des Einsatzes in der deutschen Bevölkerung. In aktuellen Umfragen sprechen sich 77 Prozent der Deutschen gegen eine Entsendung der Tornados aus.

Jung sprach offen aus, dass die bei den Aufklärungsflügen gewonnenen Erkenntnisse auch der US-geführten Antiterror-Operation „Enduring Freedom“ zur Verfügung gestellt werden. Die Weitergabe der Informationen erfolge jedoch „restriktiv“. Der Minister sprach mehrfach davon, dass dies nur „bei Bedarf“ geschehe; wie dieser „Bedarf“ konkret aussehen könnte, sagte er nicht. Auf jeden Fall diene diese Informationsweitergabe auch dem Schutz der Isaf-Truppe, also auch der deutschen Soldaten. „Ohne Sicherheit kein Wiederaufbau, ohne Wiederaufbau auch keine Sicherheit“, fasste Jung das Konzept zusammen. Eine Vermischung der Isaf-Mission und der „Operation Enduring Freedom“ sehe er jedoch nicht.

Das Mandat, das die Bundesregierung gestern für diesen Einsatz beantragt hat, dürfte im Bundestag Anfang März mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen erteilt werden. Wie die Oppositionsparteien abstimmen werden, ist noch offen. Nur für die Linksfraktion kündigte ihr Vorsitzender Oskar Lafontaine gestern schon ein klares Nein an. „Der Tornado-Einsatz mit der Übermittlung von Zieldaten für Nato-Bombardements trägt unmittelbar zu einer Kriegführung bei, die viele unschuldige, zivile Opfer fordert und damit völkerrechtswidrig ist“, sagte er.

Die FDP überlegt noch. Sie will ihre Zustimmung davon abhängig machen, ob die Bundesregierung ein Gesamtkonzept zur besseren zivil-militärischen Zusammenarbeit vorweisen kann. Auch die Grünen sind hin und hergerissen. Sie unterstützen bislang die militärische Komponente bei der Absicherung des Wiederaufbaus in Afghanistan, lehnen jedoch den Krieg gegen den Terrorismus im Rahmen der OEF ab. Ob man das noch länger auseinanderhalten kann, ist die entscheidende Frage. „Das Agieren der Bundesregierung beim geplanten Tornado-Einsatz in Afghanistan ist der Form wie dem Inhalt nach inakzeptabel“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. „Keine klare Aussage der Bundesregierung gibt es bisher auf die Frage, wofür die Tornados konkret benötigt werden.“