Pornoring gesprengt

23 Festnahmen in Österreich. Innenminister spricht von größtem Fall von Weitergabe von Kinderpornografie

WIEN taz ■ Die Beamten des Innenministeriums in Wien werden demnächst viel zu tun haben. Sie haben kistenweise DVDs und Videos mit Kinderpornos sichergestellt. Innenminister Günter Platter sprach gestern in einer Pressekonferenz vom „größten Fall von Weitergabe“ von Kinderpornografie, der je in Österreich aufgedeckt worden sei. Insgesamt werde gegen mehr als 2.300 Verdächtige ermittelt. Die meisten von ihnen, über 600, leben in den USA und Deutschland (über 400). Insgesamt gab es Zugriffe aus 77 Ländern.

In Österreich selbst wurden 23 Personen festgenommen, 14 seien bereits geständig. In ihren Wohnungen fand man insgesamt 1.132 CDs und DVDs, 1.428 Disketten und 213 Videokassetten. Außerdem wurden 31 PCs, sieben Laptops und 23 externe Festplatten beschlagnahmt. Das Material mit kinderpornografischen Inhalten habe einen Umfang von acht Terabyte. Harald Gremel von der Meldestelle für Internetkriminalität im Innenministerium versuchte die Menge anschaulich zu machen: sie entspreche vier Millionen gedruckter DIN-A4-Seiten.

Die Ermittlungen begannen vergangenen Sommer, als ein Wiener File-Sharing-Anbieter bemerkte, dass sein Provider von einer russischen Website mit kinderpornografischen Inhalten genutzt wurde. Er erstattete Anzeige. Die Pornos wurden von Großbritannien aus auf die Website hochgeladen. Binnen 24 Stunden loggten sich nicht weniger als 8.000 Internet-Nutzer ein. Dann wurde die Seite von der Kriminalpolizei geschlossen.

Die Filme und Fotos dürften zumeist in Osteuropa hergestellt worden sein. Experten erkannten aber auch Material aus Korea, Sri Lanka und Vietnam. Das jüngste missbrauchte Mädchen, das auf den Pornos zu sehen ist, soll fünf Jahre alt sein. Die Drahtzieher des Pornorings seien noch nicht ausgeforscht, sagte Erich Zwettler vom Bundeskriminalamt. Bei den gefassten Österreichern handle es sich um Schüler, Studenten, Lehrlinge und Arbeitslose ebenso wie um Rentner und einen Elektriker.

Innenminister Platter war sichtlich froh, einen Erfolg vorweisen zu können. Schließlich waren in letzter Zeit gegen ihn als ehemaligen Verteidigungsminister verschiedene Vorwürfe in Zusammenhang mit der Beschaffung von Eurofighter-Jets laut geworden: von Kostenverschleierung bis zu Schüssen auf das Foto eines Ministerkollegen bei einer Feier. Platter fordert jetzt höhere Strafen für Kinderporno-Kriminelle. Derzeit stehen in Österreich nur ein bis zwei Jahre auf solche Verbrechen, je nachdem, ob die Opfer über oder unter 14 Jahre alt sind.

RALF LEONHARD