Zwei Tote bei Protesten im Kosovo

Rund 70 Menschen werden bei einer Demonstration in Prishtina gegen den UN-Plan zur Statusfrage verletzt

SARAJEVO taz ■ Bei militanten Protesten sind am Samstag in Prishtina zwei Menschen getötet und etwa 70 verletzt worden. Polizisten aus dem Kosovo und Polizeikräfte der UN setzten Gummigeschosse und Tränengas ein, nachdem einige der etwa 3.000 Demonstranten die Sicherheitskräfte mit Steinen beworfen hatten. 15 Personen wurden nach Angaben von UN-Polizisten festgenommen, unter ihnen der Führer der Bewegung Vetevendosja (Selbstbestimmung), Albin Kurti. Die Demonstranten hatten nach Angaben der Polizei ein UN-Fahrzeug umgeworfen und versucht, zu den Regierungsgebäuden vorzudringen.

Die Proteste richten sich gegen den Plan über den Status des Kosovo. Der Vorschlag des finnischen Diplomaten und UN-Vermittlers Martti Ahtisaari gewährleiste nach Meinung der Demonstranten keine Souveränität des Kosovo, sondern führe zu einer weiteren ethnischen Spaltung zwischen Albanern und Serben. Trotz des Anspruchs, ein „multiethnisches Kosovo“ zu schaffen, legitimiere der Plan die Gründung ethnisch definierter Gemeinden durch die serbische Minderheit. Diese Gemeinden erhielten das Recht, gesonderte Beziehungen zu Belgrad zu unterhalten, und bildeten somit einen Staat im Staat. „Wir kämpfen für die Unabhängigkeit des Kosovo und akzeptieren keine Zerstückelung“, erklärten gestern Mitglieder der Bewegung Selbstbestimmung.

Mit Albin Kurti wurde der Kopf der Bewegung festgenommen. Der ehemalige Studentenführer, der über fünf Jahre in serbischen Gefängnissen saß, ist zum Ferment des Widerstands geworden. Seine Bewegung stützt sich vor allem auf junge Leute, die mit den politischen Parteien des Kosovo, so den Nachfolgeorganisationen der Kosova Befreiungsarmee (UÇK), nichts zu tun haben. Seit dem Tod des Expräsidenten Ibrahim Rugova 2006 geben diese Parteien im Kosovo politisch den Ton an. Beide ehemalige UÇK-Führer, Hashim Thaçi und Ramush Haradinaj, unterstützen den Plan des UN-Vermittlers.

Offenbar ist es der Bewegung Selbstbestimmung nicht gelungen, größere Teile der Bevölkerung für die Demonstrationen zu gewinnen. Zwar unterstützt nach Umfragen die Mehrheit der Albaner das Anliegen Kurtis, die meisten Menschen sind jedoch von der Militanz der Bewegung abgeschreckt. Zudem sprach sich ein großer Teil der von den Parteien kontrollierten Medien gegen die Demonstrationen aus.

Die Demonstranten wehren sich, als „Extremisten“ bezeichnet zu werden. Die Zusammenstöße seien durch die Polizei provoziert worden, erklärten sie. Am 21. Februar soll in Wien erneut über den Plan verhandelt werden. Für Serbien sind die Vorschläge Ahtisaaris zu positiv für die Albaner ausgefallen. Die endgültige Entscheidung über den künftigen Status fällt jedoch im Weltsicherheitsrat.

ERICH RATHFELDER

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