Tag der Entscheidung für Mohnhaupt

Vieles spricht dafür, dass Brigitte Mohnhaupt bald das Gefängnis verlassen darf – nach mehr als zwei Jahrzehnten in Haft. Das zuständige Gericht will heute seinen Beschluss über die vorzeitige Entlassung der früheren RAF-Terroristin bekanntgeben

VON WOLFGANG GAST

Das Stuttgarter Oberlandesgericht veröffentlicht heute seine Entscheidung, ob das frühere Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF), Brigitte Mohnhaupt, nach mehr als 24 Jahren Haft vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird das Gericht eine Aussetzung der Strafvollstreckung auf Bewährung verfügen – und das mit der Prognose begründen, dass von der heute 57-Jährigen keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit ausgehe. Schließlich hatte zuletzt auch die Bundesanwaltschaft nach einer nichtöffentlichen Anhörung Mohnhaupts Ende Januar für die Aussetzung ihrer Haftstrafe plädiert.

Brigitte Mohnhaupt gehörte von 1977 bis zu ihrer Festnahme Ende 1982 zur Führungsebene der Roten Armee Fraktion. Sie galt als strategischer Kopf der sogenannten Offensive 77; das Stuttgarter Oberlandesgericht sah in ihr die Rädelsführerin der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer im Herbst 1977. Zur Last gelegt wurde ihr außerdem eine Beteiligung an den zuvor verübten Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und an dem Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto.

Mohnhaupt wurde deshalb 1985 zu fünfmal lebenslang plus 15 Jahre Freiheitsstrafe verurteilt. Später legte das Gericht fest, sie müsse wegen der „Schwere der Schuld“ eine Mindeststrafe von 24 Jahren verbüßen, bevor über eine vorzeitige Haftentlassung entschieden werden könne.

Einem Gutachten zufolge gilt Mohnhaupt nicht mehr als rückfallgefährdet. Zu den Befürwortern ihrer Entlassung zählen der frühere Innenminister Gerhart Baum und der frühere Bundesjustizminister Klaus Kinkel. Abgelehnt wird das Vorhaben unter anderen von Angehörigen der Ermordeten wie der Witwe Schleyers sowie von Politikern wie CSU-Generalsekretär Markus Söder und Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU). Die Mindesthaftzeit läuft am 26. März aus, sodass sie an diesem Tag die bayerische Justizvollzugsanstalt Aichach verlassen könnte.

Aus den Reihen der RAF sitzen noch Christian Klar, Eva Haule und Birgit Hogefeld im Gefängnis. Während Mohnhaupts mögliche Entlassung den Regeln des Strafgesetzbuchs folgt, prüft Bundespräsident Horst Köhler derzeit, ob Klar begnadigt werden kann, bevor seine auf 26 Jahre festgesetzte Mindesthaftzeit Anfang 2009 zu Ende ist.

Christian Klar, der zusammen mit Mohnhaupt verurteilt wurde, kann in Kürze zumindest mit Lockerungen des Strafvollzugs rechnen. Das Stuttgarter Justizministerium bestätigte dies der Frankfurter Rundschau. Ein Gutachten des Freiburger Professor Helmut Kury sei „einigermaßen positiv ausgefallen“, sagte ein Ministeriumssprecher dem Blatt. Für Klar werde auf dieser Grundlage ein „Lockerungsplan“ erstellt.

Bislang musste Klar dem Bericht zufolge selbst bei bewachten Besuchen seiner Mutter die Fußfesseln anbehalten. Er habe daher auf solche Besuche verzichtet. Nun werde Klar ohne Fessel mehrere Stunden bis hin zu einem Wochenende mit einem ehrenamtlichen Betreuer das Gefängnis verlassen können. Das solle den Häftling „an den Tag der Freiheit heranführen“.