Rechte Immobilienspekulation in Wunsiedel

Neonazis prahlen mit angeblichen Plänen für ein Rudolf-Heß-Gedächtnis-Zentrum in der nordbayerischen Stadt

BERLIN taz ■ Nach der Aufregung um angebliche Immobilienkaufabsichten des NPD-Anwalts Jürgen Rieger in Delmenhorst und Kleinow verbreiten Rechtsextreme nun in Wunsiedel ähnliche Informationen.

Rieger liege ein „konkretes Kaufangebot“ für einen früheren Gasthof in der Stadt vor, verkündet der Kameradschaftsbund Hochfranken seit ein paar Tagen auf seiner Internetseite. Ziel sei die „baldige Schaffung eines Rudolf-Heß-Gedächtnis- und Dokumentationszentrums“. In Sicherheitskreisen schließt man nicht aus, dass es sich um eine Finte handelt. Die Angst vor den Rechtsextremen könnte von Immobilienbesitzern als Druckmittel eingesetzt werden, um den Preis für ein Gebäude hochzutreiben und die Stadt zum Kauf zu nötigen. Wunsiedel hat sich vor einiger Zeit das Vorkaufsrecht auf den Gasthof gesichert und ist mit dem Besitzer im Gespräch. Zu Details wollte sich die Stadt nicht äußern.

Wunsiedel hat für die rechtsextreme Szene einen besonderen Symbolwert – in der Stadt liegt Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß begraben. Zu dessen Todestag hatte Rieger dort regelmäßig Gedenkmärsche veranstaltet. In den vergangenen zwei Jahren wurden diese jedoch verboten, stattdessen gingen Wunsiedeler gegen die Rechtsextremen auf die Straße. Für Rieger wäre es also zweifellos reizvoll, ein Gebäude in der Stadt zu ergattern und sich so dort einzunisten.

Dem bayerischen Verfassungsschutz liegen laut einem Sprecher Erkenntnisse vor, „dass es seit längerer Zeit von rechtsextremer Seite Interesse gibt, in Wunsiedel eine Immobilie zu kaufen“. Auf den aktuellen Fall habe man die Stadt im Dezember hingewiesen. Unklar ist aber, ob hinter den jüngsten Kaufgerüchten tatsächlich der vermögende Rechtsanwalt Rieger steht. Er hat über eine britische Tarnfirma bereits diverse Immobilien gekauft. Im vergangenen Jahr sorgte er mit der Drohung, ein Hotel zu erwerben, für Aufregung in Delmenhorst. Die Stadt kaufte die Immobilie schließlich für drei Millionen Euro selbst. Verfassungsschützer vermuten, dass die Kommune einer Finte aufsaß. ASTRID GEISLER