Leute, fahrt mit Gasautos!

Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast rät den Deutschen: „Leute, kauft Hybrid-Autos von Toyota!“ Dabei gibt es längst eine preiswerte und klimafreundliche Alternative: Gas als Treibstoff

VON TARIK AHMIA

Eine tolle Idee hat die Grünen-Fraktionschefin da: den Leuten umweltfreundliche Autos empfehlen und gleichzeitig der deutschen Autoindustrie eins auswischen. Die Sache mit dem Hybridauto hat nur einen Haken: Wer nicht gerade 27.000 Euro für den Durchschnitts-Prius von Toyota übrig hat oder seinen Benziner noch ein paar Jahre fahren will, der muss mit dem Image als Öko- und Klimakiller leben. Denn der Verkehr verursacht etwa 20 Prozent des gesamten Kohlendioxid-Ausstoßes – ebenso wie den Großteil der giftigen Emissionen, die beim Smog, Ozon-Alarm und sauren Regen eine Rolle spielen.

„Pech gehabt“, lässt sich jetzt natürlich sagen, sollen die Leute ihre Karre doch verkaufen und Fahrrad fahren. Tun sie aber nicht. Für diese Autofahrer gibt es aber längst eine Alternative, die ihre Autos einfach und wirksam sauberer macht: indem sie anstelle von Benzin Gas verbrennen. Das ist erprobt, preiswert und besser für die Umwelt.

Wer mit Gas fährt, senkt auf einen Schlag seine CO2-Emissionen um 15 bis 20 Prozent. Das Feinstaubproblem hat sich mit Gasautos erledigt, denn Gas verbrennt rückstandsfrei. Gerade in Ballungsräumen sind Gasautos deshalb eine sinnvolle Alternative. Weitere Smogschadstoffe wie Kohlenmonoxid oder Kohlenwasserstoffe werden durch den Umstieg auf Gas gar um 80 Prozent und mehr reduziert. Weil Gas weicher verbrennt als Benzin, halten Gasmotoren deutlich länger.

Viele gute Gründe also umzusteigen – dennoch fristen Gasfahrzeuge in Deutschland noch immer ein Schattendasein. Gerade mal zwei Prozent der in Europa zugelassenen fünf Millionen Gasautos fahren auf deutschen Straßen. Wahrscheinlich hat das auch etwas mit vielen Fragen und wenig Wissen der deutschen Autofahrer über Gasfahrzeuge zu tun. Das fängt schon damit an, dass Gas nicht gleich Gas ist. Etwa 90 Prozent aller europäischen Gasfahrzeuge fahren mit Flüssiggas, kurz LPG (Liquified Petroleum Gas). Das Propan/Butan-Gemisch hat vor allem als „Campinggas“ Karriere gemacht. Der Rest verbrennt Erdgas, kurz „Compressed Natural Gas“ (CNG). Methan wird bei uns vor allem zum Heizen eingesetzt.

LPG ist in Europa vor allem deshalb beliebt, weil sich praktisch jeder Benziner relativ preiswert auf Flüssiggas umrüsten lässt; in Deutschland bietet die Autoindustrie nur wenige Gasfahrzeuge ab Werk an. Etwa 2.000 Euro kostet der nachträgliche Einbau einer modernen LPG-Einspritzanlage. Erdgas-Nachrüstungen sind etwa doppelt so teuer, weil das auf 200 Bar komprimierte CNG schwere, teure und platzschluckende Speicherflaschen erfordert. Die oft verbreitete Furcht vor einer Gasexplosion ist in beiden Fällen unbegründet. Denn alle Gastanks sind darauf ausgelegt, auch schweren Crashs standzuhalten. Normale Benzintanks ähneln im Vergleich dazu einer Milchtüte.

Im Gegensatz zum Erdgas wird LPG bereits ab 8 Bar Luftdruck flüssig. Das bringt fürs Autofahren eine Reihe praktischer Vorteile: Als Tank reicht ein runder Behälter, der meist elegant in der Ersatzradmulde verschwindet. Jede LPG-Tankfüllung reicht mit 400 Kilometern knapp doppelt so weit wie das vergleichbare Volumen Erdgas. Beide Kraftstoffe haben übrigens keine Auswirkungen auf die Benzineigenschaften. Sollte der Gastank einmal leer sein, schaltet die Gasanlage kaum merklich in den Benzinbetrieb zurück.

Ein schöner Nebeneffekt ist auch, dass Gasfahren nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel schont: Bis 2018 verzichtet der Staat auf einen Großteil der Mineralölsteuer. Beide Gassorten kosten etwa nur die Hälfte der vergleichbaren Menge Benzin. Das Geld für die Nachrüstung mit Flüssiggas hat sich dadurch nach etwa 40.000 Kilometern amortisiert. Auch das Argument des dünnen Gas-Tankstellen-Netzes zählt nicht mehr. Es wurde kräftig ausgebaut: 2.200 Tankstellen für Flüssiggas gibt es mittlerweile in Deutschland, rund 750 für Erdgas.