Raucher gucken auf den Bund

Noch vor kurzem drohte Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher beim Nichtraucherschutz mit einem Berliner Alleingang. Nun setzt sie auf einen Kompromiss im Bund. Doch ihr Zurückrudern ist Taktik

von ULRICH SCHULTE

Katrin Lompscher hat ein Ziel. Die Gesundheitssenatorin will die Berliner vor Zigarettenrauch schützen. Sie sagt: „Ein umfassender Nichtraucherschutz wird ohnehin kommen. Was in Ländern wie Irland oder Italien geht, wird auch in der Kneipenhauptstadt Berlin funktionieren.“ Lompscher ist vorsichtig. Es gibt im Moment kein Politikfeld, auf dem mehr Minen lauern. In diesen Tagen kommt es auf jedes Wort an.

Schon nächste Woche reden alle Gesundheitsminister über ein Rauchverbot in Gaststätten. Am 22. März wollen die Ministerpräsidenten Eckpunkte für eine bundeseinheitliche Regelung dazu festklopfen. Es bliebe abzuwarten, was die Länderchefs entscheiden, sagt Lompscher. „Wenn dies nicht ausreichend sein sollte, werde ich mich dafür einsetzen, dass Berlin einen mutigen Schritt für einen umfassenden Nichtraucherschutz wagt.“

Das klang schon mal forscher. Auch in der Senatspressekonferenz am Dienstag erklärte sie plötzlich ausführlich, wie wichtig die Bundeslösung sei. Diese Töne sind neu, zuvor hatte die PDS-Politikerin immer wieder forsch einen Berliner Alleingang angedroht – und auch schon mal mit einem kompletten Rauchverbot in Kneipen geliebäugelt.

Lompscher rudert aber nicht zurück, sie täuscht nur an. Sie weiß: 16 Ministerpräsidenten, das bedeutet 16 Meinungen. Wenn die Bundesregelung nicht scharf genug ist, will sie in Berlin den Qualm mit einem eigenen Gesetz bannen. Nur ist sie nicht so dumm, kurz vor der entscheidenden Konferenz mit Radikalforderungen Fronten zu verhärten. Eine Arbeitsgruppe arbeitet gerade mit Hochdruck an einem Beschlussvorschlag, der allen passt. Anstatt Druck auszuüben, sagt Lompscher: „Wir unterstützen eine bundeseinheitliche Regelung, deshalb engagieren wir uns in der Bund-Länder-AG.“

Zum einen öffnet ihr die Taktik des angetäuschten Zurückruderns Spielräume in den Verhandlungen. Zum anderen vergrätzt sie ihren Chef nicht. Klaus Wowereit (SPD) hält sich beim Thema Nichtraucherschutz nämlich auffällig zurück. Erstes Ziel sei die bundeseinheitliche Regelung, lässt er über Senatssprecher Michael Donnermeyer ausrichten. „Alle Ministerpräsidenten müssen eine gewisse Kompromissbereitschaft mitbringen.“ Dazu gehöre auch, dass man vorher keine Details fordere, wie die Trennung von Raucher- und Nichtraucherzimmern oder Lüftungen für Kneipen.

Unterdessen gibt es immerhin eine gute Nachricht für politikinteressierte Nichtraucher. Die Linkspartei will das Quarzen im Abgeordnetenhaus verbieten. Die Fraktion werde den Parlamentspräsidenten bitten, „die Aschenbecher auf den Gängen zu entfernen“, kündigte Gesundheitsexperte Wolfgang Albers an. Man muss ja klein anfangen.

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