„Ich weiß halt nun mal alles!“

Geschäftsideen unserer Zonis. Heute: die Pasewalker Auskunftei. Ein Wahrheit- Interview mit dem ostdeutschen Wissensexperten Heinz-Eberhard Bockmeister

taz: Herr Bockmeister, Sie schlagen Kapital aus einem Wissensvorsprung, den Sie dem Rest der Welt voraushaben.

Heinz-Eberhard Bockmeister: Yep.

Auf ihrer Website beantworten Sie Fragen, die angeblich niemand außer Ihnen beantworten kann.

Vor kurzem bin ich nach der Abfahrtzeit der letzten Straßenbahn am Leipziger Hauptbahnhof am Aschermittwoch 1969 gefragt worden und nach der Anzahl der Haare auf dem rechten Ringfinger des Herzchirurgen Christian Barnard. Da habe ich richtig gelegen. Beide Male.

Woher beziehen Sie Ihr umfangreiches Wissen?

Das hab ich auf dem Kasten. Ich habe viel gelesen und weiß halt nun mal alles.

Und das heißt, dass wir Sie alles fragen können und eine einhundertprozentig korrekte Antwort erwarten dürfen?

Selbstverständlich. Schießen Sie nur los.

War das dritte Tor in Wembley 1966 drin oder nicht?

Ich interessiere mich nicht für Sport. Fragen Sie mich etwas Schwierigeres.

Wer hat John F. Kennedy erschossen?

Ich bitte Sie … Jetzt wollen Sie mich aufs Glatteis der Weltpolitik verleiten, aber Politik ist nicht mein Bier. Fragen Sie mich lieber mal nach veralteten Leipziger Straßenbahnfahrplänen oder nach dem Haarwuchs auf den Händen berühmter Ärzte. Meine Fachkenntnis würde Sie in Erstaunen versetzen. Oder glauben Sie mir etwa nicht?

Was war eher da, Herr Bockmeister – das Huhn oder das Ei?

Gehört es zum Stil Ihres Hauses, Fragen mit Gegenfragen zu beantworten?

Auf Ihrer Website feiern Sie sich selbst als „Schlauberger, der keine Antwort schuldig bleibt“. Wir hatten Ihnen daher zugetraut, auch Gegenfragen richtig beantworten zu können.

Und wie lautet Ihre sogenannte Gegenfrage?

Was war eher da, das Huhn oder das Ei?

Das ist eine Fangfrage und keine Gegenfrage. Haben Sie nichts Besseres auf Lager?

Existiert Gott?

Das ist eine Frage, die auf metaphysische Bereiche abzielt, für die ich nicht zuständig bin. Ich beantworte nur das Diesseits betreffende Fragen.

Kehren wir also zur Realität zurück, zu ihrer krudesten körperlichen Gestalt. Hätte Holland mit Willi Lippens im Sturm die WM 1974 gewonnen?

Ich sagte doch schon, dass ich mich für Sport nicht interessiere.

Ja, wofür interessieren Sie sich denn überhaupt?

Das ist die erste vernünftige Frage, die ich heute von Ihnen gehört habe. Also, meine Interessensgebiete umfassen die denkbar ungewöhnlichsten und abseitigsten Bereiche. Ich interessiere mich zum Beispiel für den Straßenbahnverkehr in Leipzig in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts …

und für die Anzahl der Haare auf den Ringfingern berühmter Herzchirurgen.

Stimmt. Woher wissen Sie das?

Wir haben einfach geraten.

Nicht schlecht! Wollen Sie in meine Firma einsteigen?

Gott behüte. Aber gestatten Sie uns noch eine allerletzte Frage?

Nein.

Herr Bockmeister, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

INTERVIEW: GERHARD HENSCHEL