Buchtipp

Vom Wandern

„Es ist besser, der Mensch ist erlebnisfähig, als dass er sich viele Gedanken macht, so der Autor Joseph Conrad. Das Buch „Vom Wandern“ von Ulrich Grober zeigt, dass diese „alte Kunst“ beide Erfahrungen auf das Vortrefflichste zu steigern weiß. Wandern bringt nicht nur direkte Erlebnisse vor allem in der Natur, sondern es fördert auch das Meditative, das Nachdenken, das Bei-sich-Sein. Und genau auf diesen beiden Ebenen bewegt sich der Autor Grober durch die Landschaft.

Er schildert Erlebnisse – zu Fuß unterwegs – auf dem Rheinsteig, mit Kindern, Schneeschuhen, im Wald oder auf den Spuren des Philosophen Heidegger. Aber er reflektiert auch über den Weg, die Anstrengung, die Autarkie des Wanderers und seine Selbstsorge. Für die Kunst des Wanderns ist nach Grober zentral: „Die Widrigkeiten einer Wanderung, die damit unweigerlich verbundenen körperlichen Strapazen, die Unbilden der Witterung, auch die Phasen der Langeweile, sind nichts, was man umgehen oder ausschalten sollte. Sie zu meistern, gehört zur Einübung von Selbstmächtigkeit.“

Große Worte für das schlichte Unterwegs-Sein zu Fuß. Doch ebendiese reflexiven Einschübe, die auch im Lay-out von den Wanderreportagen unterschieden werden, machen Grobers Buch interessant. Darin unterscheidet er sich von der reinen Reiseberichterstattung. Er nimmt seine Leser mit auf lange Reflexionsschleifen, die seine Wanderreportagen veredeln. „Statt der alten Koordinaten: Weiter, höher, schneller, mehr gilt, wenn alles gut geht, nun: Langsamer, weniger, besser, schöner! … Auch darin liegt die Chance einer Kunst des Wanderns: Sie ist Element von nachhaltigen Lebensstilen“, lautet Grobers Fazit.

Bei aller Reflexion kommt aber das Erlebnis nicht zu kurz, auch nicht für den Leser: Eine Liste nützlicher Informationen zu den beschriebenen Touren und Literaturtipps im Anhang seines Buches sind von hohem Gebrauchswert. Der Leser kann sich nach der Lektüre sinnierend und zeitsouverän auf den Weg machen. Frei, ungebunden und im aufrechten Gang – ganz im Trend eines neuen Wanderbewusstseins. EDITH KRESTA

Ulrich Grober: „Vom Wandern. Neue Wege zu einer alten Kunst“. Zweitausendundeins, 2006, 342 Seiten, 19,90 Euro