Er spricht wieder

Turbine Potsdam, der erfolgreichste Frauenfußballklub der letzten Jahre, ist nur noch Mittelmaß. Etliche Spielerinnen konnten nicht mehr mit Trainer Bernd Schröder und haben den Verein verlassen

AUS BERLIN JOHANNES KOPP

Für den 1. FFC Turbine Potsdam geht es in dieser Saison nur noch um Schadensbegrenzung. „Wir müssen Dritter werden, alles andere wäre peinlich“, sagt die Stürmerin Conny Pohlers. Am Sonntag steht nach der Winterpause das erste Punktspiel gegen den SC Freiburg an.

Über die erste Saisonhälfte möchte Pohlers gar nicht mehr sprechen. Es war eine Schreckenszeit, die sie, wie sie versichert, nicht für möglich gehalten habe. Turbine überwinterte auf einem fünften Platz. Der Abstand zum Tabellenführer, dem FCR Duisburg, hat mit 13 Punkten bereits mitten in der Saison ein gewaltiges Ausmaß angenommen. In ungewohnte Nähe ist dagegen einer der beiden Abstiegsplätze gerückt. Nur 4 Punkte trennen Turbine von dem Abgrund zur Zweitklassigkeit.

Im Sommer zählte der Verein noch zur Crème de la Crème im europäischen Frauenfußball. In den letzten drei Jahren holte man so viele Titel wie kein anderer Club auf dem Kontinent: dreimal den Pokal, zweimal die Meisterschaft und einmal den Uefa-Cup. Turbine stand für erfrischenden Offensivfußball, überwiegend ausgeübt von selbst ausgebildeten Talenten. Im vergangenen Herbst begann jedoch der Sturzflug. Mittlerweile ist Turbine im Mittelmaß angekommen.

So klingt es fast ein wenig trotzig, wenn Trainer Bernd Schröder sagt: „Wir sind ein Verein, der europäische Spitze war und ist.“ Seit über 35 Jahren leitet Schröder erfolgreich die Geschicke des Klubs. Von diesem halben Jahr will er sich nicht aus der Bahn werfen lassen. Nach der langen erfolgreichen Zeit lasse er sich nicht verbiegen, erklärt Schröder. Was früher richtig war, könne jetzt nicht alles falsch sein.

Der Trainer ist in den letzten Monaten ins Kreuzfeuer der Kritik geraten – insbesondere nachdem Britta Carlson im November verkündete, sie werde im Winter gehen, weil sie mit Schröder nicht „auf einen Nenner komme“. Bereits im Sommer verließen die Nationalspielerinnen Petra Wimbersky und Carolin Thomas den Klub mit der Begründung, sie kämen mit dem Trainer menschlich nicht mehr klar. Journalisten spekulierten über Selbstauflösungsprozesse bei Turbine.

Schröder sagt, der eine Fall hätte mit dem anderen nichts zu tun. Carlson wollte mehr Einsatzzeiten, weil sie mit der Nationalmannschaft im September zur WM nach China fahren möchte. Er betrachtete sie aber nach ihrer schweren Knieverletzung nicht als Verstärkung. Persönliche Ziele seien mit dem Mannschaftsinteresse nicht zu vereinbaren gewesen, erklärt Schröder. Die persönlichen Differenzen mit Wimbersky und Thomas leugnet er nicht. Schröder hat des Öfteren schon über sich gesagt, er sei kein einfacher Mensch.

Doch er scheint wandlungsfähig zu sein. Conny Pohlers hielt ihrem Trainer vor ein paar Wochen zugute, er hätte sein Verhalten komplett verändert. Früher kritisierte Schröder auch nach Siegen hart. Nun, so Pohlers, würde er die Mannschaft selbst nach Niederlagen aufrichten und ermuntern.

Schröder kann dieser Wahrnehmung zwar nichts abgewinnen. Im Grunde mache er alles so wie früher. Doch dann berichtet er doch von einer Veränderung. Er spricht wieder mehr mit seinen Spielerinnen. „Ich hatte das Gefühl, wenn man so lange zusammen ist, muss man nicht mehr so viel reden“, sagt Schröder. Die Krise hat ihn etwas anderes gelehrt. Der Trainer richtet bei seinen Ansprachen das Augenmerk dabei vor allem auf die Leistungsträgerinnen. Die vielen jungen Spielerinnen im Kader könne man für die schlechte Serie nicht verantwortlich machen. Die Älteren hingegen hätten nicht mehr das für ihn Selbstverständliche geleistet. Sie ließen Eigenständigkeit und Führungsqualitäten vermissen, bemängelt Schröder. Das habe ihn überrascht und enttäuscht.

Über die Saison spricht Schröder wie über einen Betriebsunfall. Vor der Zukunft ist ihm nicht bange. Turbine Potsdam ist gespickt mit U19- und U20-Nationalspielerinnen. Er erklärt voller Optimismus: „In der nächsten Saison spielen wir wieder um die Meisterschaft mit.“ Zu bedenken ist aber auch: Einige Verträge der stark kritisierten Leistungsträgerinnen laufen zum Saisonende hin aus. Die Nationalspielerin Pohlers etwa sagt, sie wisse noch nicht, ob sie verlängere.