Klare Worte

Ex-RAF-Terrorist Christian Klar verlangt in verlesenem Grußwort, „Niederlage des Kapitals zu vollenden“

BERLIN taz ■ Ein öffentliches Grußwort des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar hat die Diskussion um seine Begnadigung weiter angeheizt. Darin fordert Klar unter anderem, die „Niederlage des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen“. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber stellte sogleich die Frage, ob Klar überhaupt jemals freigelassen werden sollte oder „auf Dauer hinter Schloss und Riegel gehört“. Der Bundespräsident, Horst Köhler, der über die Begnadigung Klars entscheidet, äußerte sich nicht.

Wie erst gestern bekannt wurde, hatte Klar die Grußbotschaft bereits für die Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar in Berlin verfasst. Sein Schreiben wurde erstmals zwei Tage später in der Berliner Tageszeitung Junge Welt veröffentlicht. Diese organisierte die Konferenz.

Auf der Konferenz soll laut der TV-Sendung „Report Mainz“ der ehemalige PDS-Abgeordnete und wegen Stasivorwürfen entlassene Rektor der Berliner Humboldt-Universität, Heinrich Fink, Klars Botschaft verlesen haben. Der Exterrorist klagte über ein „imperiales Bündnis“, „das sich ermächtigt, jedes Land der Erde, das sich seiner Zurichtung für die aktuelle Neuverteilung der Profite widersetzt, aus dem Himmel herabzuzüchtigen und seine ganze gesellschaftliche Daseinsform in einen Trümmerhaufen zu verwandeln“. Der frühere RAF-Kämpfer beendete seinen Brief mit den Worten: „Es muss immer wieder betont werden: Schließlich ist die Welt geschichtlich reif dafür, dass die zukünftigen Neugeborenen in ein Leben treten können, das die volle Förderung aller ihrer menschlichen Potenziale bereithalten kann und die Gespenster der Entfremdung von des Menschen gesellschaftlicher Bestimmung vertrieben sind.“

Klar hatte sein Gnadengesuch noch bei Köhlers Vorgänger Johannes Rau eingereicht. Dieser sah 2003 die für eine Begnadigung nötige Einsicht Klars noch nicht gegeben. Klar war 1985 zu lebenslanger Haft wegen verschiedener RAF-Morde verurteilt worden. Seit mehr als 24 Jahren sitzt er im Gefängnis.

Im Tagesspiegel verglich der RAF-Experte Wolfgang Kraushaar den Text mit den Erklärungen, die die RAF nach Attentaten veröffentlicht hatte. Kraushaar sagte, das sei „der Sound, der nach den Mordanschlägen auf Beckurts, von Braunmühl und Herrhausen zu hören war“.

Anders sieht dies der Freiburger Kriminologe Helmut Kury, der im Auftrag des Justizministeriums Baden-Württemberg ein Gutachten über Klar erstellt hat. Kury sagte gegenüber „Report Mainz“, aus den Äußerungen des Inhaftierten sei nicht zu schließen, dass dieser zu denselben Taten neige wie damals. DAS