DAS SPARPROGRAMM BEI AIRBUS IST WENIGER DRASTISCH ALS ERWARTET
: Der Horror wird nur halbiert

Es hätte schlimmer kommen können. Die größten Horrorszenarien, welche über das Sparprogramm „Power8“ beim europäischen Flugzeugkonzern Airbus gemalt wurden, treffen nicht zu. Das lässt sich den ersten Details entnehmen, die jetzt durchsickerten. Das ist sicherlich kein Trost für die Mitarbeiter von Airbus, die demnächst ihren Arbeitsplatz verlieren oder zu schlechteren Bedingungen weiterbeschäftigt werden. Aber es ist einer für die, die ihre Jobs behalten, und es ist einer für die Standorte, die nicht geschlossen werden.

Um 800 soll die Zahl der Mitarbeiter im deutschen Hauptwerk Hamburg reduziert und die beiden Werke Varel und Nordenham an Investoren verkauft werden. Im Vergleich zu den Befürchtungen von Gewerkschaften, in Deutschland könnten bis zu 8.000 Arbeitsplätze verloren gehen, ist das glimpflich zu nennen. Sofern man – wohl oder übel – die Gewohnheit von Unternehmensführungen akzeptiert, für eigene Managementfehler die Beschäftigten büßen zu lassen.

Bis zuletzt war im einstigen europäischen Modellkonzern und auf höchster politischer Ebene zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Jacques Chirac hart gerungen worden um das, was eine „faire Lastenverteilung“ genannt wird. Denn das erste Sparkonzept von Airbus-Chef Louis Gallois scheiterte an der Bevorzugung Frankreichs. Er musste einen Ausgleich suchen zum Stellenabbau in der Verwaltung, denn der betrifft auch jetzt vor allem die Zentrale in Toulouse. 4.200 Stellen werden dort und beim Verkauf der beiden Werke St. Nazaire und Méaulte abgebaut oder ausgegliedert werden.

Die deutsche Seite, die ihre wirtschaftspolitischen Interessen erstmals dem traditionellen französischen Industriepatriotismus ernsthaft gegenüberstellte, hat eindeutig gepunktet. Denn der fliegende Doppeldecker A 380 wird nicht aus Hamburg abgezogen, die Teilfertigung von A 320 und A 350, die großenteils aus dem Zukunftsstoff Kohlefaser bestehen werden, ist ebenfalls gesichert. Damit haben alle Werke in Europa, die unangetastet bleiben, eine Perspektive. SVEN-MICHAEL VEIT