Ohne Erinnerung

Zu seinem Motiv kann er nichts sagen, erklärt der mutmaßliche Hauptbahnhof-Amokläufer vor Gericht

Der 17 Jahre alte mutmaßlich Amokläufer vom Berliner Regierungsviertel kann sich nach den Worten seines Strafverteidigers nicht an die Messerstecherei nach der Eröffnungsfeier für den Hauptbahnhof erinnern. Zum Auftakt seines Prozesses vor dem Kriminalgericht erklärte der Schüler gestern, er habe in der Untersuchungshaft viel nachgedacht, könne aber nichts zu seinem Motiv sagen.

Der Jugendliche soll nach der Eröffnung des Hauptbahnhofs am 26. Mai 2006 wahllos auf Passanten eingestochen und eingeschlagen haben. Die Anklage lautet auf Mordversuch in 37 Fällen sowie sechsfache Körperverletzung. Auch ein Raub wird dem Jugendlichen zur Last gelegt. Die Verhandlung vor einer Jugendstrafkammer ist nicht öffentlich. Zu den Feierlichkeiten am Hauptbahnhof mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bahnchef Hartmut Mehdorn waren damals mehr als eine halbe Million Menschen geströmt.

Der Strafverteidiger Herbert Hedrich erklärte am Rande des Prozesses, seinem Mandanten tue alles „selbstverständlich leid“. Der Angeklagte wolle sich im Gerichtssaal bei den Opfern entschuldigen. Hedrich verwies auf das Gutachten eines Sachverständigen, der dem Jugendlichen wegen erheblichen Alkoholgenusses verminderte Schuldfähigkeit attestiert. Danach hatte der Angeklagte am Tatabend maximal 2,2 Promille im Blut.

Für den Prozess sind 158 Zeugen sowie vier Sachverständige geladen. Ein Urteil wird nicht vor Ende März erwartet. Die Jugendrichter haben zunächst sieben Verhandlungstage bis zum 23. März angesetzt. Die Nebenkläger erwarten in erster Linie Aufklärung, wie es zu dem Amoklauf kam, sagte Weber. Mindestens acht Menschen schwebten damals nach Stichen in Bauch, Lunge oder Niere in Lebensgefahr. Die Verletzungen seien weitgehend ausgeheilt, sagte Weber.

Viele der insgesamt mehr als 30 Verletzten hatten lange Zeit Angst vor Aids. Denn eines der ersten Opfer, das der Amokläufer mit dem Klappmesser verletzt hatte, war HIV-positiv. Die Befürchtungen bewahrheiteten sich jedoch nicht. Im Jugendstrafverfahren sind das zehn Jahre Haft. Der Prozess wird am 2. März fortgesetzt. dpa