Minister Goll will neues Gutachten über Klar

Die Aussagen des früheren RAF-Mitglieds zum Kapitalismus hätten zu einer „neuen Situation“ geführt

CSU-Generalsekretär Markus Söder lehnt eine Entlassung Klars auch nach 2009 rigoros ab

FREIBURG taz ■ Christian Klar kann vorerst nicht mit Haftlockerungen rechnen. Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) erklärte gestern, er sehe zurzeit „keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für eine Zustimmung zu Vollzugslockerungen“.

Nach der Grußbotschaft Klars an die Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar habe sich „eine neue Situation“ ergeben, so Goll. Er will nun ein neues Gutachten über die aktuelle Gefährlichkeit des Exterroristen in Auftrag geben.

Christian Klar sitzt eine lebenslängliche Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal ab. Seine gerichtlich festgelegte Mindestverbüßungszeit endet nach 26 Jahren Haft am 3. Januar 2009. Ob Klar zu diesem Zeitpunkt entlassen wird, muss das Oberlandesgericht Stuttgart entscheiden.

Eigentlich sollte Klar ab Mitte 2007 Vollzugslockerungen erhalten, um auf eine Freilassung Anfang 2009 vorbereitet zu sein. Dabei könnte er unbegleiteten Ausgang oder Hafturlaub erhalten. Auch eine Verlegung in den offenen Vollzug wäre denkbar. Würde dieser in Berlin durchgeführt, könnte er tagsüber die vom Berliner Ensemble angebotene Ausbildung als Bühnentechniker beginnen und müsste nur noch abends ins Gefängnis.

Allerdings ist es in Baden-Württemberg üblich, dass Mörder nur dann Vollzugslockerungen bekommen, wenn zuvor ein Gutachter feststellt, dass von dem Häftling keine Gefahr mehr ausgeht. Ein solches Lockerungsgutachten hatte der Freiburger Kriminologe Helmut Kury erstellt. Beobachter gehen davon aus, dass Kury den Exterroristen als ungefährlich einstufte. Dem Beginn der Vollzugslockerungen Mitte 2007 stand also nichts mehr im Wege. Dann aber wurde das Grußwort Klars für die Luxemburg-Konferenz bekannt, indem er dafür eintritt, die „Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden“.

Daraufhin zeigten sich Politiker von CDU/CSU, SPD und FDP empört über Klars Aussagen. Sie sprachen sich dagegen aus, dass Klar schon vor 2009 begnadigt werden könnte. CSU-Generalsekretär Markus Söder ging noch darüber hinaus und lehnte auch eine Entlassung 2009 rigoros ab.

Der Stuttgarter Justizminister Goll hatte zunächst überlegt, ob Gutachter Kury sein Lockerungsgutachten ergänzen soll. Gestern hat er sich nun dagegen entschieden. Goll wird vielmehr ein ganz neues Gutachten in Auftrag geben, um eine „zweite Perspektive“ zu haben. Gegenüber dem TV-Magazin „Report“ sagte der Gutachter Kury, aus dem Grußwort könne man nicht schließen, dass Klar zu denselben Taten neige wie früher.Wer der neue Gutachter sein wird, stand gestern noch nicht fest.

Christian Rath