Streit über Homorechte in Italien

Koalition uneins über Gesetzentwurf. Vatikan trommelt für Familiendemo am Samstag

ROM taz ■ In Italiens Mitte-links-Regierung herrscht Krach: Die für Familienfragen zuständige katholische Ministerin Rosi Bindy und ihr für „Gesellschaftliche Solidarität“ zuständiger kommunistischer Kabinettskollege Paolo Ferrero gerieten jetzt über der Frage der Rechte für Schwule und Lesben aneinander. Freuen darf sich der Vatikan, der damit einen ersten Erfolg seiner für Samstag in Rom geplanten Großkundgebung gegen die Homoehe eingefahren hat.

Auslöser des Konflikts in der Prodi-Koalition ist die für den 24. Mai geplante große Regierungskonferenz zur Familienpolitik. Auf der Einladungsliste fehlen die Schwulen- und Lesbenverbände. Ministerin Bindy meint, Homos hätten beim Thema Familie nicht mitzureden. Für Minister Ferrero Grund genug, die eigene Teilnahme an der Konferenz abzusagen. Ihm folgte die Europaministerin und Ex-EU-Kommissarin Emma Bonino, und auch Wissenschaftsminister Fabio Mussi beschwerte sich, es könne nicht angehen, dass „zu Beginn des 3. Jahrtausends“ in Italien über Homorechte diskutiert werde, als sei das Land noch im Mittelalter.

Italien ist neben Irland das einzige westeuropäische Land, das in keiner Weise Homoehen oder wenigstens eingetragene Lebensgemeinschaften vorsieht. Der Vatikan bemüht sich, dass dies so bleibt. Für Samstag trommelt er zum „Family day“ in Rom. Die Pfarreien und die katholischen Verbände des Landes sollen an die 300.000 fromme Schwulen - und Lesbengegner auf die Straße bringen. Offiziell geht es nicht kontra Homos, sondern pro traditionelle Familie: „Was gut ist für die Familie, ist gut fürs Land“, lautet das Motto. Gleich hinterher kommt die Erläuterung, dass auch die von der Prodi-Regierung geplante, sehr schüchterne Regelung eingetragener Lebensgemeinschaften angeblich der traditionellen Familie den Todesstoß versetzt.

Zug um Zug verschärften deshalb der Vatikan und die Italienische Bischofskonferenz in den letzten Monaten den Ton, um deutlich zu machen, dass auch der bescheidenste Kompromiss auf ihre Gegnerschaft stoßen werde.

Mehr als diese hysterischen Töne beeindruckt aber, dass der Papst auch aus den Reihen der Regierungskoalition reihenweise Solidaritätsbekundungen erhielt. Neben Berlusconis Rechtsblock, der am Samstag geschlossen mit der Kirche auf die Straße gehen wird, werden auch einige Minister aus Romano Prodis Kabinett dabei sein, um gegen ein Gesetzesvorhaben zu demonstrieren, dass angesichts der Spaltung in der Koalition schon jetzt als Totgeburt gelten darf.

MICHAEL BRAUN