: Betr.: kinotaz nord
A
Adam & Steve USA 2005, R: Craig Chester, D: Craig Chester, Malcolm Gets
„17 Jahre nach ihrer ersten Liebesnacht voller Peinlichkeiten treffen sich zwei homosexuelle Männer wieder. Ohne einander zunächst wiederzuerkennen, verlieben sie sich ineinander. Eine rührend und zugleich selbstironisch entwickelte Liebeskomödie mit überzeugenden Darstellern und witzigen Dialogen, die das Thema Homosexualität sehr offensiv behandelt, wobei sie geschickt und voller Ironie die Homophobie ihrer Umwelt in die Handlung integriert.“ (filmdienst) HH
American Hardcore USA 2006, R: Paul Rachman / Originalfassung mit Untertiteln
„Aktivisten und Wegbegleiter geben kenntnisreich Auskunft über die Entwicklung des ,American Hardcore‘, jenen von allen Glam-Elementen gereinigten Punk-Rock, der seine kurze Blütezeit um die Jahre 1985/86 erlebte. Neben Interviews greift die interessante, rasant montierte Musikdokumentation auf zahlreiche Artefakte der Bewegung zurück, leitet die gesellschaftlichen und politischen Ursprünge dieser Musikrichtung her und unterlegt die Bilder mit einer Vielzahl von Musikbeispielen.“ (filmdienst) H
Der amerikanische Freund Deutschland 1977, R: Wim Wenders, D: Bruno Ganz, Dennis Hopper
„Mit dem „Amerikanischen Freund“ ist Wenders eine Synthese gelungen, die das neue deutsche Kino damals dringender brauchte als irgend etwas sonst: Die Verbindung einer zwingenden persönlichen Vision mit einem kinematographischen Vokabular, das nicht nur ein kleines Publikum von Spezialisten erreicht. Die große Faszination dieses Films hat direkt mit seiner Vielschichtigkeit zu tun. Man kann ihn als pessimistischen Kommentar zur nachrevolutionären Bewusstseinskrise der späten siebziger Jahre verstehen, aber auch als brillanten Kriminalfilm, man kann ihn als urbanen Alptraum von der Zerstörung der Städte bewundern, aber man kann ihn auch als poetische Ballade einer Freundschaft lieben. Sein Reichtum, der nicht ohne Gefahren ist, erlaubt bei jedem Sehen neue Abenteuer, neue Entdeckungen.“ (Hans C. Blumenberg) HH
B
Black Book Niederlande / Großbritannien 2006, R: Paul Verhoeven, D: Carice van Houten, Sebastian Koch
„In seinem Action-Thriller ‚Black Book‘ erzählt Paul Verhoeven von der jüdischen Revuesängerin Rachel, die sich in den letzten Kriegsmonaten dem Holländischen Widerstand gegen die Nazis anschließt. Ein klassischer Verhoeven-Film: unpsychologisch, anekdotisch, gerne voyeuristisch, oft grotesk über die Karikaturgrenze, immer an der provokantesten Lösung und dem drastischsten Effekt interessiert. Holocaust und NS-Widerstand werden zum dynamischen Entertainmentstoff. Aber die serielle Gewalt erstickt das Gefühl, das immer extremere Horrorbilder mobilisieren müssen. ‚Black Book‘ ist einfach zu abgebrüht, um mit subtileren Mitteln zu rühren.“ (tip) H, HB, HH, HL, KI
Born to be wild – Saumäßig Unterwegs USA 2007, R: Walt Becker, D: Darsteller: John Travolta, Tim Allen
„Der deutsche Titel verdeutlicht bereits mehr als treffend wohin die Reise dieser Komödie um vier von der Midlife-Krise geplagte Motorradfahrern geht: ins Niemandsland des bodenlosen Humors. Sex- und Fäkalgags nehmen kein Ende – nur was soll daran komisch sein? Irgendwie muss dieser ganze regressive Pipi-Kacke-Fick-Humor etwas mit der total verklemmten amerikanischen Gesellschaft zu tun haben. Im aufgeklärten Europa braucht das glücklicherweise niemand lustig zu finden.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Die Bremer Stadtmusikanten Deutschland 1959, R: Rainer Geis, D: Peter Thom, Max Bössl
„Versuch eines komödiantischen Märchenfilms, in dem Esel, Hund, Katze und Hahn durch gesichts- und ausdruckslose Darsteller in Tiermasken ersetzt werden. Die Poesie der Vorlage geht dem Film völlig ab.“ (Lexikon des internationalen films) HB
C
Die Chronik der Anna Magdalena Bach Deutschland/Italien 1967, R: Jean-Marie Straub, D: Gustav Leonhardt, Christa Lang
„Das Leben Johann Sebastian Bachs in einer unorthodoxen Darstellung durch Jean-Marie Straub. Der Film ist weder eine traditionelle Musiker-Biografie, noch ein Kulturfilm über Bach. Er entdeckt vielmehr im Historischen das Bewegende eines arbeitsreichen Lebens und verweist, nicht zuletzt durch Struktur und Stil, auf dessen gegenwärtige Bedeutung. Ein im geistigen und formalen Konzept ungewöhnlicher Film.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
Congo River – Au-delà des ténèbres Belgien/Frankreich 2005, R: Thierry Michel / Originalfassung mit Untertiteln
„Im Mittelpunkt des Films des belgischen Dokumentaristen Thierry Michel steht der Kongo beziehungsweise eine Reise auf dem gewaltigen Fluss, die von der Mündung in den Atlantik bis zur Quelle führt. Der Film macht Abstecher in die koloniale und postkoloniale Vergangenheit des Landes und blickt auf kurzen Landausflügen in eine Gegenwart, die von auffallender Religiosität geprägt ist: christlich bei den Gläubigen, die wortreich zu Spenden für eine neue Kirche ermuntert werden, magisch-fetischistisch bei den Mai-Mai-Milizen, von deren Scheusslichkeiten die Vergewaltigungsopfer in einem Spital zeugen. Am farbigsten wirkt aber die Fahrt stromaufwärts auf einem schwimmenden Dorf mit rund dreihundert Menschen, wobei der Kapitän wegen der Untiefen äusserste Vorsicht walten lassen muss.“ (Neue Zürcher Zeitung) HB
D
Das doppelte Lottchen Deutschland 2007, R: Michael Schaack, Toby Genkel
„Fast 60 Jahre ist sie schon alt: Erich Kästners Geschichte der Zwillinge Lotte und Louise. Diese wuchsen, weil Vater und Mutter sich scheiden ließen, getrennt bei jeweils einem Elternteil auf, bis sie sich zufällig begegnen und fortan keinen größeren Wunsch haben, als ihre halben Familien wieder zu einer Einheit zusammenzuführen. Für das Trauma der Scheidungskinder hat Kästner im Motiv der getrennten Zwillinge einen zeitlosen Ausdruck gefunden, der auch in dieser Animationsverfilmung bewegt. Der visuelle Stil ist dabei an die Illustrationen der Kästner-Bücher von Walter Trier angelehnt, zeugt mit seinen knappen Strichen bei Kindern für gute Verständlichkeit.“ (Rheinischer Merkur) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
300 USA 2007, R: Zack Snyder, D: Gerard Butler, Lena Headey
„Die Adaption von Frank Millers Comicvorlage über Spartas Kampf gegen die Perser. König Leonidas stellt sich mit seinen Übermenschen gegen die anstürmenden Mutanten-Heere des Xerxes. Komplett im Studio gedreht, danach digital bearbeitet, ist ‚300‘ ein weiterer Schritt bei der Verschmelzung von Real- und Animationskino. Technische Virtuosität trifft faschistischen Spartaner-Wahnsinn. Unterhaltung zum Gruseln.“ (tip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Dr. Jekyll and Mr. Hyde USA 1921, R: John S. Robertson, D: John Barrymore, Nita Naldi / Stummfilm mit Begleitung durch das „Devil Music Ensemble“
„Dieser Film ist insgesamt die fünfte, aber die erste abendfüllende Leinwandadaption von Stevensons literarischer Vorlage. John Barrymore lieferte hier in der doppelten Hauptrolle als Dr. Jekyll und Mr. Hyde eine Glanzleistung ab. „The Devil Music Ensemble“ ist eine der bedeutendsten amerikanischen Gruppen, die Musik für Stummfilme komponieren und live aufführen.“ (Metropolis) HH, HL, KL
E
Ein Lied für Argyris Schweiz 2006, R: Stefan Haupt
„Der Dokumentarfilm folgt dem Lebensweg des 66-jährigen Argyris Sfountouris, der sich mit dem Wahnsinn auseinandersetzt, der ihm als Kind widerfuhr: Im Sommer 1944 wurden seine Eltern und Verwandten sowie über 200 weitere Menschen aus dem griechischen Dorf Distomo Opfer des Massakers einer deutschen SS-Division, das als Reaktion auf einen Partisanenangriff verübt wurde. Neben Archivmaterial und privaten Fotos lässt der beeindruckende Film den Protagonisten und andere Zeitzeugen erzählen. Getragen von der Hoffnung auf eine mitmenschlichere Zukunft und Völkerverständigung, werden die Zeit- und Handlungsebenen stilsicher verknüpft und wirken lange nach.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL
1:1 (Eins zu eins) Dänemark/Großbritannien 2005, R: Annette K. Olesen, D: Mohammed-Ali Bakier, Joy K. Petersen
„‚1:1‘ spielt in Dänemark, wo der Streit um die Mohammed-Karikaturen seinen Anfang nahm – und doch erzählt Regisseurin Annette K. Olesen eine universelle Geschichte über Stolz und Vorurteile. Schauplatz ist eine Siedlung in Kopenhagen, einst ein Vorzeigeprojekt, mittlerweile auf dem Weg zum Ghetto. Die junge Dänin Mie (Joy Petersen) und der Palästinenser Shadi (Mohammed-Ali Bakier) gefallen sich als multikulturelles Traumpaar des Viertels, bis Mies Bruder ins Koma geprügelt wird. Schon brennt die Luft zwischen Dänen und muslimischen Einwanderern. Bis der Fall gelöst ist, durchlebt der Zuschauer ein kitschfreies Moraldrama.“ (Der Spiegel) H, HB, KL
Die Eisprinzen USA 2007, R: Josh Gordon, Will Speck, D: Will Ferrell, Jon Heder
„Zwei rivalisierende Eiskunstläufer, die auf Lebenszeit gesperrt wurden, entdecken ein Schlupfloch im Reglement und starten ab sofort in der Paar-Disziplin. Nachdem seine Formel-1-Parodie ‚Ricky Bobby – König der Rennfahrer‘ in den USA 150 Mio. Dollar einspielte, kann sich Will Ferrell lässig aufs Glatteis wagen. Seine ‚Kreuzung aus Steven Seagal und Steven Tyler‘ (Ferrell) wird gestützt von einem ebenbürtigen Partner: Jon Heder, Held des Kultfilms ‚Napoleon Dynamite‘. Dazu: perfekte Föhnwellen, oscarreife Kostüme und ein Soundtrack zum Dahinschmelzen.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
F
Die Fälscher Deutschland/Österreich 2006, R: Stefan Ruzowitzky, D: Karl Markovics, August Diehl
„Die Geschichte klingt fast unglaublich: In den letzten Kriegsjahren ließen die Nazis im Konzentrationslager Sachsenhausen Pfund- und Dollarnoten fälschen, um damit die Wirtschaft der Kriegsgegner zu schwächen. Niedergeschrieben wurde das weitgehend unbekannte Kapitel der NS-Zeit im Tatsachenroman ‚Des Teufels Werkstatt‘ des Holocaust-Überlebenden Adolf Burger. ‚Anatomie‘-Regisseur Stefan Ruzowitzky hat den Stoff zu einer bewegenden Parabel über Moral und Ideale und die Verantwortung des Einzelnen angesichts von Terror und Unrecht verarbeitet. Ohne überschüssiges Pathos erzählt Ruzowitzky ein spannendes Drama aus finsterer Zeit.“ (Cinema) BHV, HB, HH
Fantastic Movie USA 2007, R: Jason Friedberg, Aaron Seltzer, D: Kal Penn, Adam Campbell
„In dieser dämlichen Blockbuster-Parodie müssen sich vier Kids im Zauberland Gnarnia mit Piraten und Harry Potter herumschlagen. Nichts gegen sogenannte spoof movies, alberne Parodien, die bekannte Kinoerfolge hemmungslos durch den Kakao ziehen. Doch die abenteuerliche Reise von vier ausgewachsenen Waisenkindern, die vor dem verrückten Schokoladenfabrikbesitzer Willy Wonka in einen Wandschrank flüchten und sich im Zauberland Gnarnia wiederfinden, wo sie mit einem rappenden Piraten, Harry Potter und einem Albino-Mönch aneinandergeraten, ist so belanglos blöd, dass es nicht mal zu einem ‚Iiiihgitt!‘ reicht, wenn Waise Edward von Wonkas Scheiße nascht, weil er sie für Schokolade hält.“ (Cinema) H, HB, HH
Filmmuseum on Location
„In einer Zusammenstellung experimenteller Kurzfilme präsentiert Michael Löbenstein einen Streifzug durch die Sammlungs- und Vermittlungsschwerpunkte des österreichischen Filmmuseums in Wien. Das Resultat ist ein Mix aus Avantgarde und Found Footage Film (z.B. von Bruce Conner, Gustav Deutsch, Michaela Grill), Fragmenten und Fetzen der Filmgeschichte und einem „Museumsfilm“ par excellence: Chris Markers Foto-Film „La Jetée“.“ (Kommunalkino Bremen) HB
Der Fluch der goldenen Blume China 2006, R: Zhang Yimou, D: Gong Li, Chow Yun-Fat
„Schwertfechter wirbeln saltoschlagend umeinander, seiltanzende Bogenschützen geben Schnellfeuer, und zum Finale ergießt eine Heerschar sich wie ein Sturzbach ins Schlachtgetümmel: Zhang Yimou, Chinas Großmeister des martialisch-zirzensischen Historienspektakels, stellt einen neuen Rekord an Pomp und kalter Show-Virtuosität auf. Die literarische Vorlage von 1933 gilt als das berühmteste chinesische Drama des 20. Jahrhunderts, doch Zhang versetzt das bürgerliche Trauerspiel um ein gutes Jahrtausend zurück in eine Epoche luxuriöser Feudalherrschaft. So donnert das giftmörderische Familienkomplott samt Ehebruch, Inzest und Wahnsinn wie ein shakespearehaftes Königsdrama über die Leinwand.“ (Der Spiegel) H, HH
Fluch der Karibik 3 - Am Ende der Welt USA 2007, R: Gore Verbinski, D: Johnny Depp, Keira Knightley
„Produzent Jerry Bruckheimer wäre nicht der „Master of Desaster“, wenn er beim dritten Teil seiner „Fluch der Karibik“-Saga nicht noch einmal einen draufsetzen würde. Der Abschluss der Trilogie ist der mit Abstand aufwendigste Part und bietet schier unfassbare Sets und Spezialeffekte. Vor allem aber verliert Gore Verbinski die Figuren nie aus den Augen und bringt alle Erzählstränge aufregend zusammen. Die gewohnten Stars, u. a. Johnny Depp, Keira Knightley und Orlando Bloom, werden im roten Teil der Reihe von Chow Yun-Fat unterstützt.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Flyboys – Helden der Lüfte USA 2006, R: Tony Bill, D: James Franco, Jean Reno
„Immer weniger Amerikaner wollen den Irak-Krieg, der Mythos vom heldenhaften Soldaten bröckelt. Doch Produzent Dean Devlin, Ex-Partner von Roland Emmerich, ist bockig: Er präsentiert uns ein unverhohlenes Wehrertüchtigungs- und Durchhaltedrama. Im Frankreich des Ersten Weltkriegs beweist eine US-Fliegerstaffel nonstop Mut und Ehre. Kernige Kerle in schmucker Uniform mit einer Märtyrer-Aura, die so gleißend hell strahlt wie der deutsche Zeppelin, den sie am Ende vom Himmel sprengen. „Top Gun“ mit Doppeldeckern also, mit Dialogen, die so subtil sind wie das unermüdliche Knattern der Maschinengewehre. Da hat Regisseur Tony Bill (“Pinguine in der Bronx“) echt einen fliegen lassen.“ (Cinema) H, HB, HH, KL
Full Metal Village D 2006, R: Sung-Hyung Cho
„Lassen Sie sich bitte nicht vom Titel abschrecken, denn „Full Metal Village“ ist eine der schönsten Kinoentdeckungen dieses Frühjahrs. Die in Deutschland lebende Koreanerin drehte die Dokumentation in dem kleinen schleswig-holsteinischen Dorf Wacken, das einmal im Jahr aus seinem nordfriesischen Phlegma gerissen wird, wenn Tausende von Heavy-Metal-Fans es bei einem dreitägigen Open Air Festival überrollen. Die Bauern und Damen des Kaffeekränzchens reagieren erstaunlich gelassen auf die meist in schwarzem Leder gekleideten Langhaarigen, und die Filmemacherin hat genau das richtige Maß an Neugierde und Humor, um diesen Zusammenprall der Kulturen zu einem sehr erhellenden und amüsanten Porträt der norddeutschen Provinz werden zu lassen.“ (hip) BHV, H, HB, HH, HL, KI
G
Der große Ausverkauf Deutschland 2006 , R: Florian Opitz
„“Der große Ausverkauf“ prangert, pünktlich zum G-8-Gipfel in Heiligendamm, die Auswüchse des Kapitalismus an. Regisseur Florian Opitz will mit seinem Dokumentarfilm zeigen, „was eine Gesellschaft verliert, die Konzernen die Verantwortung für ihre Grundversorgung überträgt“. In Großbritannien zum Beispiel endete die Privatisierung der Eisenbahn in einer einzigen Katastrophe; im südafrikanischen Township Soweto bleibt es in vielen Häusern dunkel, seit die Bewohner die gestiegenen Strompreise nicht mehr bezahlen können; in Cochabamba, der drittgrößten Stadt Boliviens, versuchte der US-Konzern Bechtel, sogar aus Regenwasser Profit zu schlagen. Opitz schildert diese Fälle konsequent aus der Sicht von Betroffenen, die sich, so gut es geht, gegen die Konzerne wehren. Seine Einseitigkeit erhöht zwar den Unterhaltungswert, aber am Ende der telegenen Strafpredigt fühlt sich manch ein Zuschauer möglicherweise für dumm verkauft.“ (Der Spiegel) HB, HH
Gypo Großbritannien 2005, R: Jan Dunn, D: Pauline MyLynn, Chloe Sirene / Originalfassung ohne Untertitel
„“Gypo“ , das Debüt der jungen Regisseurin Jan Dunn, gilt als der erste britische Dogma95-Film. Erzählt wird die Geschichte zweier emigrierter Roma-Frauen, Mutter und Tochter. Sie leben am Rande von Kent in einem Caravan, warten dort auf ihre britischen Pässe und auf ein besseres Leben.“ (queerfilm) HB
H
Hammett USA 1978-82 R: Wim Wenders, D: Frederic Forrest, Peter Boyle
Die Geschichte des ehemaligen Privatdetektivs Dashiell Hammett, der Krimischriftsteller geworden ist und von einem alten Kollegen in eine ausufernde Detektivgeschichte im Stile des „film noir“ hineingezogen wird. Stilsicher fotografiert und inszeniert, regt der atmosphärisch sehr dichte Film zu Reflexionen über das Schreiben und Erleben von Geschichten sowie über die Wesensmerkmale und die Faszination der Vorbilder der „Schwarzen Serie“ an. Diese werden zwar letztlich nicht erreicht, dennoch fasziniert der Film durch die notgedrungen eingesetzte Künstlichkeit des Studio-Dekors, das in seiner ausgefeilten Stilisierung ein elegantes Schauvergnügen mit leicht nostalgischem Touch bietet.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
Hände weg von Mississippi Deutschland 2007, R: Detlev Buck, D: Zoe Mannhardt, Katharina Thalbach
„In Detlev Bucks beschwingtem Familienfilm nach einem Roman von Cornelia Funke kämpft ein Mädchen für das Überleben eines verwaisten Pferdes. Niemand porträtiert das Leben auf dem Land so liebevoll wie der Bauernsohn Detlev Buck. In der Geschichte geht es um das Stadtkind Emma, das seine Ferien bei der knarzigen Oma verbringt. Als die Zehnjährige mitkriegt, dass der arrogante Erbe eines Nachbarhofes das dazugehörige Pferd Mississippi beim Schlachter entsorgen will, entwickelt sie einen Plan. Die simple Story dient jedoch nur als Gerüst für ein Potpourri köstlicher Szenen, mit denen der Regisseur an seine frühen Kultfilme wie ‚Karniggels‘ anknüpft. Alle bestens geeignet, beim Zuschauer ein zufriedenes Dauergrinsen auszulösen. Ein Kinderfilm? Ja. Einer, in den Eltern ihre Sprösslinge gerne ein zweites Mal mitnehmen.“ (Cinema) BHV, H, HB, HH, HL, KL, OL
Die Herbstzeitlosen Schweiz 2006, R: Bettina Oberli, D: Stephanie Glaser, Hanspeter Müller
„Um die verwitwete Martha (Stephanie Glaser) aufzuheitern, ermuntern ihre Freundinnen sie dazu, eine Lingerieboutique mitten im Emmentaler Trub zu eröffnen. So beginnt die 80-jährige Schneiderin, Halb- und Kunstseidiges zu nähen, und blüht über der neuen Aufgabe plötzlich auf – allerdings sehr zum Unwillen der Dorfbewohner, denen die aktive Alte, ihre euphorischen Freundinnen sowie überhaupt die ganze ‚Reizwäsche‘ zunehmend ein Dorn im Auge sind. Unterstützt von einem grossartigen Schauspielensemble, erzählt die Schweizer Regisseurin Bettina Oberli in ihrem Zweitling eine warmherzige, wenn auch nicht allzu aufreizend inszenierte Geschichte über Selbstbestimmung und Sinnsuche im letzten Lebensabschnitt.“ (Neue Zürcher Zeitung) HB
Herr Bello Deutschland 2007, R: Ben Verbong, D: Armin Rohde, August Zirner
„Ein Hund, der dem zwölfjährigen Sohn eines verwitweten Apothekers zugelaufen ist, verwandelt sich durch einen Zaubertrank des Großvaters in einen Menschen mit recht „tierischen“ Verhaltensweisen, der um die schöne Nachbarin buhlt, auf die auch der Apotheker ein Auge geworfen hat. Der ebenso einfalls- wie temporeiche Kinderfilm legt nach verhaltenem Anfang beträchtlich zu und zeigt sich von seiner unterhaltsamsten Seite. Auch die spielfreudigen Darsteller tragen zu der gelungenen Inszenierung bei.“ (filmdienst) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Die History Boys – Fürs Leben lernen Großbritannien 2006, R: Nicholas Hytner, D: Samuel Anderson, James Corden
„Die acht Jahrgangsbesten einer englischen Knabenschule bereiten sich auf die Abschlussprüfung vor, die einen Studienplatz auf einer Elite-Universität in Aussicht stellt. Ihre Bemühungen werden nicht nur durch (homo-)erotische Ablenkungen torpediert, sondern auch durch den Wettstreit zweier Lehrer, die mit grundverschiedenen Methoden ihren Stoff vermitteln wollen. Die überambitionierte Musical-Adaption kann ihre Theater-Herkunft nicht verleugnen; zwar bemüht sich die Verfilmung vordergründig um Tiefe, bietet aber letztlich nur Gemeinplätze und Binsenweisheiten.“ (filmdienst) HH
Die Hochstapler Deutschland 2006, R: Alexander Adolph
„‚Die Hochstapler‘ beherrschen die hohe Kunst, fremden Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. In ihrem so kurzweiligen wie lehrreichen Dokumentarfilm stellen die Regisseure Alexander Adolph und Nina Ergang vier – mittlerweile verurteilte - Meister ihres Fachs vor und die verblüffend einfachen Tricks, mit denen sie zum Erfolg kamen. Da reichten teure Schuhe, ein edler Aktenkoffer und das entsprechende Auftreten, um abgezockten Bankern Kredite abzuluchsen oder Millionären Flüge auf den Mond zu verkaufen. Im Spiegel der Täter porträtiert der Film vor allem die Opfer und enthüllt damit die Leichtgläubigkeit und Gier vieler Menschen.“ (Der Spiegel) HH
How to cook your life Deutschland 2006, R: Doris Dörrie
„Edward Espe Brown ist zwar noch kein Küchenheiliger, aber lang kann das nicht mehr dauern: Er lebt als Zen-Priester in Fairfax, gibt Koch- und Zen-Kurse und schreibt Bestseller darüber. In den USA sind seine Workshops der Renner - vermitteln sie doch ein verloren gegangenes Stück Zufriedenheit und Nähe zum Leben. Doris Dörrie war bei einigen mit der Kamera dabei und ließ sich von Browns undogmatischer Kunst des Kochens zu einer heiteren Dokumentation über das Kochen, das Leben und den Meister inspirieren.“ (tip) H, HB, HH, KL
I
Inland Empire USA/Polen 2006, R: David Lynch, D: Laura Dern, Harry Dean Stanton
„Auch David Lynch hat jetzt die Freiheit von Digital-Video entdeckt und konnte bei „Inland Empire“ völlig unabhängig experimentieren. Mit Laura Dern in vielen Rollen dringt diese aufregende Tour d‘Angst tief ein in das Bewusstsein einer Schauspielerin aus einem verfluchten Filmprojekt und erzählt in skizzenhaften und labyrinthisch aufgesplitterten Alptraumfetzen von den Schattenseiten Hollywoods, von Ehebruch, Angst und Mord. Einen so ungefilterten und kompromisslosen Lynch gab es seit seinem Debüt „Eraserhead“ nicht mehr zu sehen. Eine unberechenbare Herausforderung.“ (tip) H, HB, HH
Irina Palm Belgien/Frankreich/ Deutschland 2007, R: Sam Gabarski, D: Marianne Faithfull, Miki Manojlovic
„Marianne Faithfull spielt die Titelheldin und sucht, um eine sehr teure Behandlung für ihren todkranken Enkel bezahlen zu können, einen Job. Schon das ist eigentlich unerträglich: Könnte sie nicht einfach die Nase voll haben von ihrem Vorstadtspießerdasein? Sie findet nichts außer einer Hostessenstelle bei Sexyworld, einem schmierigen Schuppen in Soho, in den sie hereinstolpert in der Annahme, sie könne dort für eine Menge Geld Tee kochen und aufräumen. Ein garantierter Lacher? O ja, und so geht es weiter, mit Erklärungen, wie sie ihre Aufgabe bewältigen kann vor einem Loch in der Wand, durch das ihr die Arbeit zugereicht wird. “Wichsende Witwe“ nennt sie sich selbst, und auch das sorgt im Publikum für fröhliche Schnaufer. Dabei sieht „Irina Palm“ nicht besser aus als jeder beliebige Fernsehfilm, die Gitarrenmusik ist von großer Schlichtheit und Marianne Faithfulls Schauspielkunst schnell erschöpft.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) H, HB, HH, HL, KI, OL
L
L‘ Esquive Frankreich 2003, R: Abdellatif Kechiche, D: Osman Elkharraz, Sara Forestier / Orifginalfassung mit Untertiteln
„Ein Junge in einer tristen Pariser Vorstadt verschafft sich die Hauptrolle in einem Stück von Marivaux, weil er sich in eine andere Darstellerin verliebt hat, scheitert darin aber und bringt mit seinem Begehren das soziale Gefüge der Gruppe durcheinander. Mit großartigen Laiendarstellern inszeniert, stellt der Film trotz seines realistischen Stils das Elend der Banlieus nicht aus, sondern setzt den Akzent auf die Liebesgeschichte, die sich mit der im Theaterstück zunehmend überschneidet, sowie auf die sprachlichen Kodices auf beiden Darstellungsebenen. Ein spannendes Experiment, in dem Liebe und Kunst das Denken und Fühlen der Figuren inmitten harter Lebensbedingungen transzendieren.“ (filmdienst) H
Der letzte König von Schottland Großbritannien 2006, R: Kevin Macdonald, D: Forest Whitaker, James McAvoy
Er kann so jovial sein wie Falstaff, so paranoid wie Othello, so brutal wie Richard III und so unberechenbar wie Titus Andronikus. Ja, der Tyrann Idi Amin scheint direkt aus den Königsdramen von Shakespeare in die Geschichte des 20. Jahrhunderts verpflanzt worden zu sein – so spielt ihn zumindest Forest Whitaker in dieser Adaption des gleichnamigen Romans von Giles Foden. Der Diktator herrschte von 1971 bis 1979 über Uganda, mehr als 300000 Menschen soll er getötet haben, und er starb erst vor drei Jahren im Exil in Saudi Arabien. Das Zentrum von ‚The Last King of Scotland‘ bildet das Psychogramm von Idi Amin – und damit auch die mit Recht mit dem Oscar prämierte Leistung von Forest Whitaker. Er wirkt beängstigend real, zugleich überlebensgroß und menschlich. Diesen monströsen Verrückten verkörpert Forest Whittaker als eine archaischen Naturgewalt in menschlicher Gestalt. (hip) HH
Licht meiner Augen Italien 2001, R: Giuseppe Piccioni, D: Luigi Lo Cascio, Sandra Ceccarelli / Originalfassung mit Untertiteln „Eine Frau in den Vierzigern leidet an ihrem tristen Leben, an dem Schuldenberg, der auf ihr und ihrer kleinen Tiefkühlkost-Handlung lastet, und daran, dass sie nicht mehr Zeit für ihre Tochter hat. Ein junger Mann, der zufällig ins Leben der beiden tritt, versucht, deren Situation zu erleichtern und sie zu unterstützen, selbst, wenn er sich dafür mit einem Gangster einlassen muss. Bewegendes, aber nie sentimentales Portät einsamer Großstadt-Nomaden in Rom, das sich vor allem auf den Gesichtern der Protagonisten entfaltet; sorgfältig und diskret inszeniert.“ (Lexikon des internationalen Films) H
Little Children USA 2006, R: Todd Field, D: Kate Winslet, Patrick Wilson
„Ihr biederes Hausfrauen- und Mutterdasein in einem amerikanischen Suburb empfindet Sarah (Kate Winslet) als bedrükkend. Nach der Heirat hatte sie ihr Promotionsvorhaben abgebrochen. Sie lernt Brad (Patrick Wilson) kennen, einen jungen Vater, der, streng von Ehefrau Kathy (Jennifer Connelly) überwacht, seiner verflossenen Jugend nachhängt. Aus dem scherzhaften Kuss zweier Leidensgenossen entwickelt sich eine Affäre, die beide von einer gemeinsamen Zukunft träumwenische Philosopen lässt. In präziser Schlichtheit zeichnet der Film Sarahs private Rebellion mitreißend nach und macht aus ihr eine veritable „Madame Bovary“ der Vorstädte.“ (Rheinischer Merkur) H, HH, KL
M
Das Mädchen, das die Seiten umblättert Frankreich 2006, R: Denis Dercourt, D: Catherine Frot, Déborah François
„Ein Trauma und seine bösen Folgen: Eine gescheiterte Musikerin erschleicht sich unerkannt das Vertrauen einer Konzertpianistin – die sie in Wahrheit abgrundtief hasst. Denis Dercourt erzählt die Geschichte einer konsequenten Rache, allerdings nicht auf plumpe Art, sondern mit Stil: Hier wetzen die Bösen keine Messer. In ruhigen, eleganten Bildern zeigt der Regisseur, wie Mélanie ihr Opfer langsam einkreist, er intensiviert die bedrohliche Atmosphäre allein durch verstohlene Blicke, eine Berührung, Schweigen. Und der Zuschauer schwankt zwischen Mitleid für die zappelnde Fliege und Bewunderung für diese Spinne, die ihr Netz so wunderbar hinterlistig baut. Perfide.“ (Cinema) H, HH, KI, OL
Mana – Die Macht der Dinge Deutschland, USA, Holland, Frankreich 2004, R: Peter Friedman Roger Manley / Originalfassung mit Untertiteln
„Überall auf der Welt und in jeder Gesellschaft gibt es Objekte, die eine besondere Macht haben. Menschen besteigen Berge oder unternehmen Pilgerreisen, um diese Objekte einmal zu sehen oder zu berühren. Der Film von Peter Friedman und Roger Manley will aufzeigen, wie sich Menschen in Gegenwart dieser magischen Gegenstände verhalten und was die Grundlage dieses universellen Verhaltens ist: Der Glaube. Sie zeigen eine Odyssee von der Wüste Arizonas durch Asien, Afrika und Europa zu Tempeln, Museen und Zeremonien, aber auch nach Elvisland und in einen Atomreaktor.“ (Rhein-main.net) HH
Mr. Bean macht Ferien Großbritannien 2007, R: Steve Bendelack, D: Rowan Atkinson, Willem Dafoe
„Die britische (Fernseh-)Kultfigur Mr. Bean gewinnt eine Reise nach Cannes, die er weidlich nutzt, um durch sein infantiles Unvermögen für Durcheinander zu sorgen. Eher eine Aneinanderreihung von Missgeschicken als ein dramaturgisch durchdachter Spielfilm, hat der zweite Kinoauftritt des beschränkten Briten nur wenig Unterhaltendes zu bieten und ist eher als Abgesang auf einen einstigen Fernsehkult zu deuten.“ (filmdienst) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
P
Pars – Operation Cherry Türkei 2007, R: Osman Sinav, D: Mehmet Kurtulus, Nida Safak
„Der Actionfilm aus der Türkei über einen Polizisten in einer Spezialeinheit der Drogenpolizei. wartet mit solide inszenierter Action auf, gleichwohl er keine besonderen Überraschungen bieten kann und auch dem Genre keine Neuerungen abgewinnt. Nicht allzu anspruchsvolle Fans können dennoch auf ihre Kosten kommen.“ (Blickpunkt:Film) H, HH
Das perfekte Verbrechen USA 2007, R: Gregory Hoblit, D: Sir Anthony Hopkins, Ryan Gosling
„Katz-und-Maus-Spiel zwischen einem ehrgeizigen Strafermittler und einem gerissenen Mörder. „Das perfekte Verbrechen“ erinnert stark an Hoblits Regiedebüt „Zwielicht“, ohne dessen durchgängige Spannung zu erzielen. Der Film lebt vom Nervenkitzel des Zermürbungskrieges zwischen Anthony Hopkins und dem großartigen Ryan Gosling, doch zwischendurch sorgen lange Phasen unnötiger Umstandskrämerei für dramaturgische Schwächeperioden. Wer im Kino aber gerne mittüftelt, dürfte an diesem „Popcorn-Thriller mit Hirn“ (O-Ton Hoblit) sein Vergnügen haben.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Play Chile 2005, R: Alicia Scherson, D: Viviana Herrera, Andres Ulloa / Originalfassung mit Untertiteln
“Irgendeine Großstadt in Lateinamerika. Es könnte auch Santiago de Chile sein. Tristan läuft mit gebrochenem Herzen herum. Deshalb hat er das Gefühl, die Stadt sei sein Feind. Das Mädchen Christina beobachtet ihn. Sie pflegt einen alten Mann, der ihr dafür dankbar ist. Ihr Blick auf die Stadt ist deswegen freundlich. Sie selbst ist gerade dabei die Liebe zu finden. Christina liebt es, mit dicken Kopfhörern Musik zu hören, während sie durch die Stadt streift. Und so wirkt dieser moderne, schnelle, Großstadtfilm selbst wie ein Popsong. Poetisch, bildstark und manchmal märchenhaft - dann wieder realistisch – erzählt dieser Film vom Leben als Überleben derjenigen, deren Gefühle stark sind. Und er zeigt, dass man mit einer 24p Digitalkamera nicht nur „Krieg der Sterne“-Abenteuer drehen kann, sondern auch lebendige berührende Alltagsgeschichten, in Kinoqualität.“ (mannheim-filmfestival) HB, HH
R
Robert Altman’s Last Radio Show USA 2006, R: Robert Altman, D: Garrison Keillor Meryl Streep / OmU
Der letzte Film eines Regisseurs vor seinem Tode bekommt immer eine ganz eigene Bedeutung. Und nicht jeder Filmemacher hat das Glück, mit einem gelungenen Werk abzutreten. Nun kommt Robert Altmans „A Prairie Home Companion“ (so der Originaltitel) in die deutschen Kinos. Dies ist ein sanfter, exzentrischer Ensemblefilm, der von nichts anderem erzählen will, als von der letzten Vorstellung einer altmodischen Radioshow. Altman war immer ein Regisseur, der versuchte, das Durcheinander des Lebens, das Überraschende, die Missgeschicke und unverhofften Glückmomente in seinen Filmen einzufangen, und so war diese live aufgeführte Radioshow für ihn eine wunderbare Spielwiese, auf der er sich noch einmal austoben konnte. Mit seinem übermütigen Blick auf das Skurrile zeigt er eine kleine Welt, die voller Leben ist. Wie in seinen großen Ensemblefilmen wechselt er wieder ständig zwischen den Filmfiguren, Geschichten und Stimmungen mit einer in jeder Minute des Films spürbaren Freude am so unordentlichen, traurigen, schönen, lächerlichen und erhabenen menschliche Dasein. Ein schöner Abschied von seinen Zuschauern ist ihm da gelungen. (hip) HB, HH
S
Shooter USA 2007, R: Antoine Fuqua, D: Mark Wahlberg, Kate Mara
„Eine desillusionierter Ex-Scharfschütze der US-Marines wird von Geheimagenten für eine Mission rekrutiert, in deren Verlauf er den Sündenbock spielen und geopfert werden soll. Als er das Komplott durchschaut, setzt er sich mit allen Mitteln zur Wehr. Ein effektvoll, aber überpointiert inszenierter Film, dessen einzelgängerischer Held sich der Verschwörung der Mächtigen stellt, ohne jedoch deren neo-konservative Triebfedern wirklich zu hinterfragen.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL
Shooting Dogs Großbritannien/Deutschland 2005, R: Michael Caton-Jones, D: John Hurt, Dominique Horwitz
„Shooting Dogs“ erzählt von einem englischen Lehrer, der 1994 in Ruanda den Völkermord des regierenden Hutu-Stammes an der Tutsi-Bevölkerung erlebt. Regisseur Michael Caton-Jones gelingt ein bewegendes Drama über die Ohnmacht gegenüber maßloser Gewalt. Er stilisiert eine Schule, in der sich wehrlose Tutsi, ratlose Uno-Soldaten und ein katholischer Priester verschanzen, zum letzten Außenposten der Zivilisation, der sich von Minute zu Minute schwerer verteidigen lässt.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, KI
Shoppen Deutschland 2006 , R: Ralf Westhoff , D: Sebastian Weber, Anna Böger
„Komödie über einsame Großstadtsingles und eine Methode, sie zusammenzubringen: Speed Dating, bei dem den Teilnehmern nur fünf Minuten zum Kennenlernen bleiben. Trotz des oft beackerten Terrains der Partnersuche angesichts des Single-Überschusses gelingt dem Kinodebütanten eine lebensnahe und nahezu gleichberechtigte Darstellung von 18 Figuren, denen er bei aller genretypischen Vereinfachung mit Gespür und Witz auf den Grund zu gehen versucht. Auch dank der guten Darsteller ein hierzulande außergewöhnliches Vergnügen.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KL, OL
Sie sind ein schöner Mann Frankreich 2005, R: Isabelle Mergault, D: Michel Blanc, Medeea Marinescu
„Als dem chronisch schlecht gelaunten französischen Bauern Aymé die Ehefrau wegstirbt, verliert er weniger seine große Liebe als eine tüchtige Arbeitskraft. Da sich das Geschirr nicht von allein spült, schaltet er eine Heiratsvermittlerin ein, die ihn nach Rumänien schickt, um sich dort eine passende Kandidatin auszusuchen. Zurück kommt er mit der tatkräftigen Elena , deren Ehemotive nur zu Anfang rein finanzieller Natur sind. Rund vier Millionen Zuschauer haben das Regiedebüt der Schauspielerin Isabelle Mergault im vergangenen Jahr zu einer der großen Leinwandsensationen in Frankreich gemacht. Dabei zerspringt die Komödie nicht vor Originalität, hat aber so viel altmodischen Charme, dass man ihr das nicht allzu übel nehmen kann.“ (Der Spiegel) H
Spider-Man 3 USA 2007, R: Sam Raimi, D: Tobey Maguire, Kirsten Dunst
„Venom, ein schwarzer, parasitärer Organismus aus dem All, und der Sandman haben Spider-Mans geliebte Mary Jane entführt. Aus der unschuldigen Perspektive der 30er Jahre, der Geburtsstunde der Superhelden, wirft Sam Raimi einen romantisch verklärten Blick auf ein idealisiertes Amerika mit aufrechten Superhelden und berechenbaren Superschurken. Das der Film dabei nicht peinlich wird, ist der offenkundigen Begeisterung Raimis für das altbackene Superheldengenre zu verdanken.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Stomp the Yard USA 2007, R: Sylvain White, D: Columbus Short, Meagan Goo
„Zwei rivalisierende Studentengruppen reißen sich um einen talentierten Streetdancer. Manchmal kann man einfach nur noch den Kopf schütteln und sich wundern. Darüber nämlich, dass sich die Produzenten von Fließbandware wie „Stomp the Yard“ bei ihrer Arbeit nicht zu Tode langweilen. Denn die Geschichte vom tanzenden Outcast ist mittlerweile so oft erzählt worden, dass es sich erübrigt, die vermeintliche Erfolgsformel nochmals herunterzubeten. Was das ergibt? Einen überlangen Videoclip mit nett choreografierter Beinarbeit, viel rhythmischem Gestampfe, einem schneidigen Eintänzer und einigen schmissigen Dancefloor-Krachern. Massenware zum Kopfschütteln eben.“ (Cinema)
Sunshine Großbritannien 2007, Danny Boyle, D: Cillian Murphy, Michelle Yeoh
„Weil die Sonne zu erlöschen und auf der Erde eine Eiszeit droht, reisen acht Astronauten durchs All, um den solaren Glutofen mit einer Superbombe wieder anzuheizen. Dabei haben sie mit zwischenmenschlichen Konflikten, tödlichen Unfällen und einem gespenstischen Saboteur zu kämpfen. Ein anfangs langweiliges und zunehmend konfuses Sci-Fi-Spektakel, das Regisseur Danny Boyle (‚28 Days Later‘) dramaturgisch nicht in den Griff bekommt.“ (tip) H, HB, HH, KI
T
TMNT – Teenage Mutant Ninja Turtles USA 2007, R: Kevin Munroe
„Bei ihrem Comeback mittels Computer-Animationstechnik müssen sich die Ninja Turtles erstmal wieder zusammenraufen, bevor sie siegreich gegen Monster aus dem Weltall kämpfen können. In den Realfilmen Anfang der 90er entzückten die mutierten Kampfschildkröten mit drolligem Charme und kessem Dialogwitz, der bei ihnen beim ersten Abenteuer im virtuellen Raum leider weitgehend abhanden gekommen ist.“ (tip) H, HB
Triff die Robinsons USA 2007, R: Stephen J. Anderson
„Der zwölfjährige Tüftler Lewis trifft in der Zukunft seine neue Familie. Ein swingendes Frosch-Orchester; ein Hund, der Brille trägt, ‚weil die Versicherung nicht für Kontaktlinsen aufkommt‘; Hackbällchen-Gefechte und grandiose Frisuren: ‚Triff die Robinsons“ überschlägt sich regelrecht vor skurrilen Einfällen – eine Qualität, die der gefallene Trick-Gigant Disney lange vermissen ließ. Unter der Regie von Stephen J. Anderson (‚Bärenbrüder‘) entstand ein schräges Zeitreise-Spektakel, mit dem das angeschlagene Studio endlich wieder triumphiert. Denn während der letzte Pixar-Hit ‚Cars‘ vergleichsweise brav ausfiel, knüpfen Disneys ‚Robinsons‘ an den Anarcho-Charme von Pixars Superhelden-Parodie ‚Die Unglaublichen‘ an, nostalgische Anspielungen auf Klassiker wie ‚Metropolis‘ und James Bond inklusive. Ganz Kleine dürften sich bei diesem wahnwitzigen Familientreffen allerdings etwas verloren fühlen.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, KI, OL
Twentynine Palms Frankreich/Deutschland 2003, R: Bruno Dumont, D: Yekaterina Golubeva, David Wissak
„Kalifornischer Wüstensand, Sex und späte Gewalt dominieren Bruno Dumonts „Twentynine Palms“, ein Road-movie der existenzialistischen Art: Ein Paar ohne persönliche Geschichte durchquert in einem Luxusgeländewagen das malerische Death Valley, um Sex auf heißen Steinen zu haben oder einander aggressiv anzuschweigen. Man ahnt: Gut geht das nicht aus. Wer im Kino gute Storys sucht, sollte diesen Film meiden, wer irritierende Atmosphärenmalerei zu schätzen weiß, wird hier dagegen gut bedient.“ (tip) HH
U
Unsichtbar – Zwischen zwei Welten USA 2007, R: David S. Goyer, D: Justin Chatwin, Margarita Levieva
Wie löst man einen Mordfall, wenn man selbst das Opfer ist? US-Remake eines schwedischen Mystery-Thrillers. Der Film erzählt von einem Teenager, der das Rätsel seines eigenen Verschwindens lösen muss. Nick, ein arroganter Streber, wird von den Kumpels seiner getriezten Mitschülerin Annie brutal verprügelt und im finstren Wald zurückgelassen. Während die Polizei nach ihm fahndet, wandelt er als Geist durch seine eigene Welt – so lange, bis sein Körper gefunden wird. Dumm nur, dass er dabei auf die Hilfe von Annie angewiesen ist. Hilfe könnten auch die jugendlichen Darsteller gebrauchen: in Form der einen oder anderen Stunde Schauspielunterricht. Regisseur Goyer gelingt überdies das Kunststück, seine prätentiöse Story so verschwurbelt zu erzählen, dass man sich unentwegt fragt: Warum das Ganze jetzt? Und darauf gibt es eigentlich nur eine Antwort: Keine Ahnung, aber wen interessiert’s?“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
V
Valerie Deutschland 2006, R: Birgit Möller, D: Devid Striesow, Birol Ünel
Erschreckend, wie schnell sich der soziale Abstieg vollziehen kann. Hier trifft es das Model Valerie, eines jener Traumwesen, denen Aussehen, Geld und der Beifall anderer alles bedeutet. Die Party ist vorbei, Alternativen gibt es nicht - also trickst sich Valerie durch die Tage. Feiert weiter und nächtigt in Tiefgaragen - ein Doppelleben mit Folgen, das Birgit Möller in ihrem Regiedebüt mit subtilem Gespür für tragische wie komische Situationen beobachtet.“ (tip) H
Verführung einer Fremden USA 2007, R: James Foley, D: Halle Berry, Bruce Willis
„Eine New Yorker Reporterin, die aus Frustration ihren Job gekündigt hat, ermittelt nach der Ermordung einer Freundin auf eigene Faust im Privat- und Geschäftsleben eines führenden Werbefachmanns und kommt in Teufels Küche, als ihre Tarnung auffliegt. Solider Thriller, der mit einigen überraschenden Wendungen und routinierten Darstellern aufwartet.“ (filmdienst) BHV, H, HB, HH, KI
Vier Minuten Deutschland 2006, R: Chris Kraus, D: Hannah Herzsprung, Monica Bleibtreu Endlich traut sich ein deutscher Filmemacher, großen Kino zu machen. In „Vier Minuten“ passiert alles auf der grandiosen Bühne des Melodramas, ohne dabei je pathetisch oder lächerlich zu wirken. Die Figuren sind überlebensgroß, die Gefühlsausbrüche elementar, die Geschichte märchenhaft überhöht - dies ist eine Filmoper. Kein Wunder also, dass die Musik in ihr eine große Rolle spielt. Sie bringt die beiden Protagonistinnen zusammen und verstrickt sie bald in einen Zweikampf am Piano. Die Klavierlehrerin Traude Krüger gibt schon seit 60 Jahren Musikunterricht in einem Frauengefängnis, aber solch eine Gefangene wie die Jugendliche Jenny hat sie noch nie gesehen. Diese ist ruppig, unberechenbar und aufsässig, aber auch eine Virtuosin am Klavier. Alles an dieser 20jährigen Mörderin ist der alten Frau zuwider, aber den Verlockungen ihres außergewöhnlichen Talents kann sie nicht widerstehen, und so versucht sie die Widerspenstige zu zähmen und wird dabei selber aus der seelischen Versteinerung geweckt, in der sie fast ihr ganzes Leben lang gefangen war. (hip) H, HB, HH, KL
Vollidiot Deutschland 2007, R: Tobi Baumann, D: Oliver Pocher, Oliver Fleischer
„Wie im gleichnamigen Bestsellerroman des Humorschriftstellers Tommy Jaud kämpft hier ein junger Verlierertyp gegen die Tücken schöner Frauen und der modernen Singlewelt. Und weil Comedy-Haudegen Oliver Pocher die Hauptrolle des lustigen Weicheis Simon Peters spielt, gibt‘s in der Kinoversion Klamauk bis zum Abwinken. Regisseur Tobi Baumann (‚Der Wixxer‘) drückt nett aufs Tempo, Anke Engelke und Herbert Feuerstein halten freundlich ihr Gesicht in die Kamera, und Nena sowie Stefan Remmler singen im zum Film gehörigen Song gemeinsam mit Pocher eine Coverversion des schwedischen Mitpfeif-Hits ‚Young Folks‘ von Peter, Bjorn & John – in einer deutschen Version, die ‚Ich kann nix dafür‘ heißt.“ (Der Spiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
W
Die wilden Hühner und die Liebe Deutschland 2007, R: Vivian Naefe, D: Michelle von Treuberg, Paula Riemann
Die erste Liebe ist immer die schwierigste: Fünf Mädchen machen ihre Erfahrungen mit Trennungsschmerz und Eifersucht. In ihrem zweiten Kinofilm hadern Sprotte und die anderen Hühner mit verstärkten Hormonschüben. Die Tatsache, dass weibliche Wesen auch im frühen Alter gerne mal auf Chauvi-Macker abfahren und es dann bitter bereuen, wird ebenso thematisiert wie Eifersucht und, ja, Homosexualität. Ein lesbisches Mädchen als Co-Heldin eines Kinderfilms? Respekt!“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Z
Das Zauberflugzeug Frankreich/Deutschland 2005, R: Cédric Kahn, D: Roméo Botzaris, Alicia Djemaï
„Ein magisches Flugzeug hilft einem Jungen über den Verlust seines Vaters hinweg. Die Mischung aus Alltagstragödie und fantastischem Märchen funktioniert zunächst ganz prima, denn Regisseur Cédric Kahn arbeiten mit Anspielungen und poetischen Symbolen, die unmissverständlich sind: Charlys Abenteuer zu Lande und über den Wolken sollen ihm helfen, über seinen entsetzlichen Verlust hinwegzukommen. Doch dann setzt der Film zur (Bruch-)Landung an – und kleidet seine Botschaft in kitschig-plumpe Szenen, die alle losen Fäden eilig zum Happy End verknüpfen. Aber womöglich muss man mit Kindern eine so eindeutige Sprache sprechen. Schließlich wurde die Geschichte für sie gedreht.“ (Cinema) HB, HH, OL
2 Tage Paris Frankreich/Deutschland 2007, R: Julie Delpy, D: Julie Delpy, Daniel Brühl
„Auf der Rückreise von Venedig in die USA machen die Französin Marion (Julie Delpy) und der Amerikaner Jack (Adam Goldberg) Zwischenhalt bei Marions Mutter und Vater (gespielt von Delpys leiblichen Eltern) in Paris. Der hektische Film strengt sich übermässig an, eine geistreiche Culture-Clash-Komödie zu werden, reiht aber meistens nur ein Klischee ans andere – Franzosen sind Sex-fixiert und essen merkwürdige Dinge, Amerikaner sind hypochondrisch und sicherheitsbesessen. Die meisten seiner derb-groben Pointen verrät der Film im Voraus. Auch Daniel Brühls kurzer Gastauftritt als selbsternannte Öko-Fee in einer Burger-Braterei vermag diesem Regiedébut der Schauspielerin Julie Delpy (“Before Sunrise“, „Before Sunset“) keine humorvolle Leichtigkeit zu verleihen. (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen