Bonus für Mutti?

Ab 2013 gibt es den Anspruch auf einen Halbtagsplatz für Kleinkinder. CDU will eine Herdprämie, von der Leyen ist dagegen

AUS BERLIN JENS KÖNIG
UND HEIDE OESTREICH

Wie immer ist in der großen Koalition nach dem Streit auch gleich wieder vor dem Streit. Die gute Nachricht für alle, die in den nächsten Jahren Eltern werden, zuerst: Ab 2013 soll es einen Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze für Kinder ab einem Jahr geben. Ein entsprechendes Gesetz „wird in dieser Legislaturperiode verabschiedet“, heißt es in dem Ergebnispapier, das die Koalitionsrunde vorgestern Nacht vereinbart hat. Die CDU hatte gar keinen Rechtsanspruch gewollt, die SPD einen ab 2010. Allerdings deutete Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestern an, dass es sich nur um Halbtagsplätze handle.

Als „Durchbruch“ feierte das Papier dennoch SPD-Chef Kurt Beck, als „Meilenstein“ CSU-Chef Edmund Stoiber. Von der Leyen (CDU), die selbst nicht an der Runde teilgenommen hatte, meinte gar, dass sich nun eine „echte große Koalition für die Familie“ gebildet habe. Die Finanzierung ist noch nicht im Einzelnen geregelt, doch der Bund wird sich nicht nur an den Investitionskosten, sondern auch an den Betriebskosten zu einem Drittel beteiligen.

Aber keine „echte große Koalition“ ohne echten Koalitionskrach: Die Union hat sich nämlich nach eigenen Angaben auf den Rechtsanspruch nur eingelassen, wenn – ebenfalls ab 2013 – ein „Erziehungsbonus“ gezahlt wird: „Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von 1 bis 3 nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (z. B. Betreuungsgeld) eingeführt werden“, heißt es in dem Papier. Stoiber hatte als Summe 150 Euro pro Monat in die Runde geworfen, beschlossen wurde das jedoch nicht. Die SPD legt nun das Wörtchen „soll“ weit aus: Fraktionschef Peter Struck erklärte: „Soll heißt nicht muss. Ich verstehe das als einen Prüfauftrag.“ Fehlten die Finanzierungsmöglichkeiten, werde das Betreuungsgeld nicht gezahlt.

Die Union dagegen meint: „Es ist klar, dass der Rechtsanspruch und der Betreuungsbonus zeitgleich eingeführt werden“, erklärte Johannes Singhammer, familienpolitischer Sprecher der Union, gegenüber der taz. Die Familienministerin selbst allerdings schließt sich der SPD-Interpretation an: Sie warne davor, „in die alten Reflexe zurückzufallen“, sagte von der Leyen. Die Bonusfrage sei in weiser Voraussicht erst für 2013 angesetzt worden.

Die Opposition höhnte gestern über das „Krippenspiel“: „In der Rolle der Verliererinnen sind die erwerbstätigen Mütter“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, der taz. „Statt eines sofortigen Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz verweist sie die große Koalition auf einen neuen ‚Zuhausebleibbonus‘.“

Die SPD hat allen Grund, den auch als „Herdprämie“ verspotteten Betreuungsbonus weit wegzuschieben: „Das ist das alte Familiengeld der Union, das haben wir schon jahrelang abgelehnt. So eine Prämie fürs Daheimbleiben ist immer eine Falle für die Frauen“, so die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christel Humme, zur taz. Zudem wolle man mit dem Krippenausbau ja auch in die Bildung von Kleinkindern investieren. Unionspolitiker Singhammer sieht das ganz anders: „Die Frauen wissen am besten selbst, wie lang sie die Kinder daheim erziehen wollen. Der Staat soll sie nicht in einen Lebensentwurf hineingängeln.“ Der Bonus sei „eine sehr maßvolle, geringe finanzielle Korrektur, die die Wahlfreiheit der Mütter gewährleistet“.

Derweil freuten sich Sozialverbände über den Krippenausbau, und – nach einer Repräsentativumfrage des Leipziger Instituts für Marktforschung – auch knapp die Hälfte der Bevölkerung: 48 Prozent begrüßten den Krippenausbau. Allerdings sind in Westdeutschland immer noch 39 Prozent der Ansicht, Krippenplätze seien überflüssig, weil ein Kleinkind zur Mutter gehöre, im Osten sind das nur 13 Prozent. Wohl deshalb fanden von den Wessis auch 44 Prozent den Erziehungsbonus der Union gut.

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