american pie
: Grübelnder Großverdiener

NBA-Profi Dirk Nowitzki offenbart in der Heimat, dass er das Play-off-Aus seiner Dallas Mavericks noch nicht verwunden hat

Der US-Sportartikelhersteller wollte auf Nummer sicher gehen. Der erste Deutschland-Auftritt Dirk Nowitzkis in Frankfurt am Main sollte zum Fest werden. Schließlich war der 28-Jährige vor ein paar Tagen zum wertvollsten Spieler (MVP) der nordamerikanischen Basketballliga NBA gekürt worden.

Damit die geladenen Journalisten nicht auf die Idee kamen, das peinliche Play-off-Aus Nowitzkis mit den Dallas Mavericks zum Anlass ihrer Fragen zu nehmen, hatten die Mitarbeiter der Nike-Zentrale eine Leinwand aufgespannt. Dort attackierte der 2,13 Meter große Blondschopf mal wild den Korb, reckte die Faust oder verwandelte einen seiner stilistisch perfekten Sprungwürfe. Kurz: Nowitzki zeigte all das, was man von ihm in den Play-offs vermisste. Als Zeichen ihrer Hochachtung hatten sich die Nikeianer in hübsche T-Shirts gekleidet. „We love our MVP“ stand auf der Brust. Wie ernst es ihnen mit der Liebe war, symbolisierte ein rotes Herzchen, das orthografisch nicht ganz korrekt in den Satz mit eingebaut war.

Bei Nowitzki wollte trotzdem keine rechte Freude aufkommen. „Leer“ fühle er sich und „tief enttäuscht“ über das frühe Aus in den Play-offs. Den wahren Wert der bedeutendsten individuellen Ehrung, die die NBA einem Spieler zu Teil werden lassen kann, konnte er auch noch nicht recht erkennen. „In Dallas habe ich die MVP-Trophäe erst einmal zwei Stunden angestarrt, um das Ganze zu realisieren.“ Anschließend habe er festgestellt, dass das Ding „ganz schön hässlich ist“. Dass die silberne Figur, die Nowitzki als erster Europäer überhaupt in Empfang genommen hatte, noch nicht auf dem alten Kontinent angekommen war, hatte indes nichts mit Nowitzkis ästhetischer Kritik zu tun. Angeblich ist die MVP-Trophäe im Zoll hängen geblieben.

Ähnliches ist Nowitzki in den Play-offs in den Abwehrreihen der Golden State Warriors widerfahren. Deren Trainer Don Nelson, der den Würzburger einst aus der Heimat nach Texas holte, hatte Intimkenntnisse über seinen Ex-Schüler an seine neue Mannschaft weitergegeben. Die Folge war, „dass die Warriors uns unsere Stärken weggenommen haben“, so der Beraubte. Damit ihm das bei den anstehenden Europameisterschaften in Spanien (ab 3. September) nicht wieder passiert, will sich der Trainingsfreak auch in diesem Sommer wieder bis zum Umfallen schinden. „Davor muss ich aber abspannen. Reisen und frische Luft schnappen.“ Schließlich lebe er in Amerika ja fast nur in Hotels oder Arenen.

So geriet die geplante MVP-Feier zunehmend zur Gesprächsrunde über die Zukunftspläne des bestbezahlten deutschen Sportlers – etwa 15 Millionen Dollar im Jahr verdient er. Die kontinentalen Titelkämpfe seien ihm „sehr, sehr wichtig“. Nicht nur, weil Nowitzki sich in Spanien für Olympia 2008, sein erklärtes Ziel, qualifizieren will, sondern auch, „um viel Selbstbewusstsein zu tanken“.

Denn obwohl Nowitzki bei einer Weltmeisterschaft (2002), Europameisterschaft (2005) und unlängst in der NBA zum besten Individualisten ausgezeichnet wurde, nagt der fehlende Titel an seinem Selbstverständnis. Denn außer einer bayerischen Meisterschaft im Tennis hat Nowitzki noch nichts gewonnen. MARTIN FÜNKELE