Unverheiratete Mütter werden gleichgestellt

Wer nicht verheiratet war, hat nach der Trennung bisher weniger Anspruch auf Betreuungsunterhalt als Geschiedene. Diese Ungleichbehandlung hat Karlsruhe nun gestoppt. Auch die geplante Neufassung des Unterhaltsrechts muss geändert werden

AUS FREIBURG CHRISTIAN RATH

Uneheliche Kinder und ihre Mütter dürfen im Unterhaltsrecht nicht diskriminiert werden. Dies stellte jetzt der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts fest. Der Bundestag muss deshalb bis Ende 2008 die Regelung des Betreuungsunterhalts für nichteheliche und geschiedene Mütter (oder Väter) angleichen.

Das Grundgesetz ist eindeutig: „Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung (…) zu schaffen wie den ehelichen Kindern“, heißt es in Artikel 6, Absatz 5. Nichteheliche Kinder haben deshalb schon lange Anspruch auf den gleichen Unterhalt wie die Kinder von Geschiedenen und Eheleuten.

Unterschiede gibt es aber bei der Frage, wie lange ein Elternteil, meist die Mutter, zu Hause bleiben kann, um sich ganz der Kinderbetreuung zu widmen. Die nichteheliche Mutter hat im Regelfall nur Anspruch auf 3 Jahre Betreuungsunterhalt gegen den Vater, während die geschiedene Mutter laut Rechtsprechung 8 bis 16 Jahre auf Erwerbsarbeit verzichten kann.

Begründet wurde dieser Unterschied damit, dass uneheliche Kinder oft in eher flüchtigen Konstellationen gezeugt werden, etwa im Rahmen einer Affäre. Aus der Art solcher Verhältnisse könne die Mutter weniger Anspruch auf Solidarität ableiten als aus einer Ehe oder einer anderen langjährigen Beziehung.

Dem widersprach nun Karlsruhe: „Auf die Art der elterlichen Beziehung kommt es hier nicht an“, erklärten die Richter. Das Grundgesetz bezwecke gerade die „Gleichstellung von Kindern, deren Eltern keine Verantwortung füreinander übernommen haben“.

Der Gesetzgeber muss nun die Rechtslage für geschiedene und nichteheliche Mütter angleichen. Dabei kann er aber durchaus die Regelung für Geschiedene auf das niedrige Niveau nichtehelicher Elternteile absenken. Die Richter hatten jedenfalls keine Bedenken gegen eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf 3 Jahre, weil ab dem dritten Lebensjahr ja ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz besteht.

In der bereits geplanten Reform des Unterhaltsrechts war zwar keine völlige Gleichstellung, aber eine Annäherung des Betreuungsunterhalts für nichteheliche und geschiedene Mütter geplant. Eigentlich sollte das Gesetz an diesem Freitag im Bundestag beschlossen werden. Ob das gelingt, ist noch offen. Auf einer Sondersitzung des Rechtsausschuss soll heute das weitere Vorgehen geklärt werden.

Der Karlsruher Beschluss erfordert wohl auch eine Gleichbehandlung nichtehelicher und geschiedener Mütter bei der Rangfolge von Unterhaltsansprüchen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) plädierte gestern bereits dafür, zu der ursprünglich geplanten Gleichrangigkeit zurückzukehren. Die CDU/CSU hatte im März einen Vorrang für geschiedene Mütter durchgesetzt. (Az.: 1 BvL 9/04o)