BASF trickst Brüssel bei Genkartoffel aus

Der Chemiekonzern pflanzt seine gentechnisch veränderte Knolle Amflora doch. Während die EU den Vermarktungsantrag aus Sicherheitsgründen auf Eis gelegt hat, erlaubt die deutsche Zulassungsstelle nun den experimentellen Anbau – auf 155 Hektar

VON WOLFGANG LÖHR

Der Chemiekonzern BASF ist mit seinem Versuch, die EU-Genehmigungsbehörde für Gentech-Pflanzen auszutricksen, erfolgreich geblieben. Aus Sicherheitsgründen hatte die EU-Kommission Ende vergangenen Jahres den Antrag von BASF ausgesetzt, die gentechnisch veränderte Stärkekartoffel Amflora vermarkten zu dürfen. Doch am Freitag genehmigte die deutsche Zulassungsstelle, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), den großflächigen Anbau der umstrittenen Kartoffeln.

Der Trick: Der beim BVL in Berlin eingereichte BASF-Antrag umfasst nicht die Vermarktung. Er sieht lediglich einen großflächigen experimentellen Anbau vor. Dafür ist das BVL die Genehmigungsbehörde. Das BVL entschied zugunsten des Konzerns – obwohl eindeutig als Ziel des „Versuchs“ die Herstellung von kommerziell genutztem Saatgut und die Verarbeitung in einer Stärkefabrik genannt wird.

„Das BVL macht sich zum Erfüllungsgehilfen der Gentechindustrie“, sagt Heike Moldenhauer, Gentechexpertin des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Sollte von dem großflächigen Anbau ein Risiko für Mensch oder Umwelt ausgehen, sei es gleich, ob dies unter „Freisetzungsversuch“ oder „Kommerzialisierung“ laufe.

Beim Verbraucher sollen die Amflora-Knollen nicht landen. Die Kartoffeln, die eine veränderte Stärkezusammensetzung haben, sollen ausschließlich zu Industriestärke verarbeitet und in der Textil- oder Papierherstellung eingesetzt werden. Laut BASF finde der Anbau, die Ernte und die Verarbeitung der Kartoffeln unter streng kontrollierten Bedingungen statt. Der Anbau und die Ernte werde von Vertragslandwirten durchgeführt, die Verarbeitung erfolge nur in einer bestimmten Stärkefabrik. Verhindert werden soll damit, dass die Gentechknollen in der Lebensmittelindustrie landen.

Für BASF kommt die Anbaugenehmigung gerade noch rechtszeitig. Auf insgesamt 155 Hektar, in den Gemeinden Zepkow und Buetow, Mecklenburg-Vorpommern, sowie im brandenburgischen Perleberg dürfen die Amflora-Kartoffeln jetzt ausgebracht werden. „Spätestens Anfang Juni“ müssten die Knollen in der Erde sein, erklärte vor kurzem die BASF-Sprecherin Susanne Brenner gegenüber der taz. Sonst wird es für die Anbausaison 2007 zu spät.

Eigentlich hatte BASF schon Ende vergangenen Jahres damit gerechnet, grünes Licht aus Brüssel für die Vermarktung ihrer Kartoffel zu bekommen. Die EU-Kommission hatte auch schon einen entsprechenden Genehmigungsbescheid ausgearbeitet, scheiterte dann jedoch an dem Votum der Mitgliedstaaten. Diese versagten die Zustimmung. Erst später reagierte auch die Kommission auf die vorgetragenen Sicherheitsbedenken.

Insbesondere ein in den Amflora-Kartoffeln eingeführtes Marker-Gen sorgte für ein Umdenken. Das Marker-Gen verleiht den Pflanzen eine Resistenz gegen mehrere Antibiotika, die in der Humanmedizin und in der Tierzucht zur Therapie eingesetzt werden. Die Europäische Arzneimittelbehörde (Emea) weist darauf hin, dass die betroffenen Antibiotika zunehmend als Notfallmedikamente eingesetzt werden – wenn andere Antibiotika versagen. Die Emea befürchtet, das in den Amflora-Knollen vorhandene Resistenzgen könnte an Bakterien weitergegeben werden. Damit würden die Notfallmedikamente ihre Wirksamkeit verlieren.

Das BVL genehmigte trotzdem den Versuchsanbau. Und wenn später doch eine Genehmigung aus Brüssel kommt, darf BASF die dann geernteten Kartoffeln auch in Stärkefabrik bringen.

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